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Chronische Schmerzen: Reha abgelehnt

von Peter Ries

Schmerzen im Rücken – die kennt fast jeder. So geben auch 80 Prozent der Deutschen an, bereits mindestens einmal Rückenschmerzen gehabt zu haben. Was aber, wenn die Rückenschmerzen wegen falscher oder fehlender Diagnosen chronisch wurden und man sich als Patient nicht mehr ernstgenommen sieht?

Rücken

Wenn Rückenschmerzen chronisch werden.© pixabay

Herta Balten aus Düsseldorf ist 60 Jahre alt und seit fünf Jahren EM-Rentnerin. Seit mehr als sieben Jahren plagen sie starke Rückenschmerzen, mit denen sie seit jener von einem Arzt-Termin zum anderen läuft. Reha Anträge wurden abgelehnt und Ärzte haben keine Zeit. Niemand scheint der Mutter von zwei Kindern so richtig helfen zu können.
Als Mitglied wendet sie sich nun an den VdK-Sozialverband.

„Der eine Arzt meint, ich habe einen Bandscheibenvorfall, der nicht operiert werden müsse, oder „funktionelle bzw. unspezifische Rückenschmerzen“ und der andere Arzt meint, ich leide an „Fibromyalgie“ - eine Erkrankung, die nicht so richtig erklärt werden kann, jedoch schon öfters bei mir diagnostiziert wurde, wenn die Ärzte nicht mehr weiterwissen“, klagt Herta Balten.

Massagen oder Fango-Packungen würde sie nicht mehr verschrieben bekommen, weil diese als „Wellness Behandlungen“ eingestuft seien und die Krankenkassen sie aus diesem Grunde auch nicht mehr zahlen würden. Das sagte ihr jedenfalls ein Orthopäde aus Düsseldorf. Dafür bot er ihr eine Kortisonspritze an. Der Haken daran war, dass sie die Spritze selbst bezahlen musste, weil dies keine Kassenleistung mehr wäre. „Da die Schmerzen so stark waren, stimmte ich dem Preis von 35 Euro zu. Bevor ich sie jedoch bekam, musste ich entweder bar oder per EC-Karte am Empfang bezahlen. Nach einer erneuten Wartezeit von etwa einer Stunde hatte ich sie endlich. Das Ergebnis nach der Spritze war sehr enttäuschend und ich hatte weiterhin Schmerzen“ sagte Balten, die schließlich zur Eigenmedikation überging und sich zum Teil frei verkäufliche starke Schmerzmittel besorgte, um mindestens ihren Haushalt einigermaßen aufrechterhalten zu können.

IGeL-Leistungen und Opioide:

Erst viel später bekam die ehemalige Lageristin von einem anderen Arzt ein schwaches Opioid verschrieben. Das half ein wenig besser. Das Problem war nur, dass die chronische Schmerzpatientin nach etwa zwei Jahren davon abhängig wurde und sie ohne das Opioid nicht mehr in der Lage war, den Tag durchzustehen. „Meine Gedanken kreisten nur noch um dieses „Wundermittel“ das meinen Charakter so sehr veränderte, das ich mich von allen gesellschaftlichen Ereignissen zurückzog. Ich litt an Verstopfung und meine Schlafschwierigkeiten wurden auch größer. Irgendwann habe ich mich entschlossen, freiwillig in eine Entzugsklinik zu gehen. Nach einer dreiwöchigen Entzugsbehandlung konnte ich die Klinik wieder verlassen. Nun leide ich weiter an Schmerzen, Depressionen, Schlafstörungen und ständigen Magenschmerzen“, so die Erwerbsminderungs-Rentnerin.

Mittlerweile wurde mir zum zweiten Mal eine Kur (Reha) mit der Begründung abgelehnt, ich solle zunächst die ambulanten Möglichkeiten vor Ort ausschöpfen. Erst wenn alle ambulanten Behandlungen keinen Erfolg gebracht haben - dazu zählen auch Rückenschulungen - könne ich einen erneuten Reha Antrag stellen. Das bringt mich auf die Palme, was soll ich denn noch machen!? Ich habe schon alles versucht und ausgeschöpft!“, schimpft Herta Balten.

Häufig böten Ärzte ihr sogenannte IGel-Leistungen an, die sie sich mit ihrer kleinen Rente von 700 Euro nicht leisten könne und die – wie sie sagt – „allzu oft dem Arzt mehr Nutzen bringen als dem Patienten“. Zwischenzeitlich würde sie 15 Akupunkturen bekommen - die einmal im Jahr von den Kassen übernommen werden. Leider habe sie damit auch keine Verbesserungen ihrer akuten Schmerzen erfahren. „Da es die Kassen bezahlen, hat der Arzt offensichtlich einfach ausgeblendet, dass man akute Schmerzen nicht mit Akupunkturnadeln behandeln sollte.

Unklare Diagnosen belasten das Gesundheitssystem:

Leider lassen sich bei chronischen Rückenschmerzen meist weder eine umschriebene Krankheit noch eine sichere anatomische Quelle als Ursache für den Schmerz finden. Die Betroffenen leiden unter Schmerzfolgen, die sich nicht nur auf körperliche Konsequenzen wie Bewegungseinschränkungen oder Muskelverspannung beschränken können. Auch Verunsicherung, Niedergeschlagenheit, Schlafprobleme, verminderte Leistungsfähigkeit, Verzicht auf Freizeitaktivitäten und Rückzug aus dem Bekannten- und Freundeskreis können die Folgen von chronischen Rückenschmerzen sein und somit zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensqualität führen. Umso unverständlicher bleibt es, wieso chronische Schmerzpatienten immer noch Jahre bis Jahrzehnte mit Schmerzen leben müssen.

Die schmerzgeplagte Herta Balten glaubt jedenfalls, zu wissen, dass es etwas mit dem Ärzte-Budget zu tun hat. So habe sie sich oft anhören müssen, dass eine bestimmte Behandlung das Budget ihres Arztes sprengen würde. Viele Arztpraxen würden deswegen sogar öfters als normal ihre Praxen schließen. So soll es Arztpraxen geben, die regelmäßig pünktlich vor Ablauf eines jeden Quartals ihre Praxis schließen – entweder wegen Urlaub oder Mitarbeiterschulungen usw.

Baltens letzter Orthopäde riet ihr zuletzt, nicht mehr vor Ablauf des Quartals wieder in die Praxis zu kommen, da er dann ohnehin nichts mehr tun könne, und weil er keine adäquate Vergütung mehr für den Mehraufwand durch z. B. längere und zusätzliche Patientengespräche erhielte.

„So habe ich dann in meiner Not damit angefangen, Ärzte ohne Überweisung aufzusuchen, und wurde schließlich auch noch zu einer „chronischen Ärztewechslerin“ – genau das, was die Krankenkassen eigentlich verhindern wollten, da dies ja das Gesundheitssystem unnötig belaste“, so Balten, die fest davon überzeugt ist, dass das Gesundheitssystem weniger belastet werden würde, wenn der Patient eine gute - auf seiner Grunderkrankung ausgerichtete Behandlung erführe, um letztlich kostenintensivere Mehrfacherkrankungen zu verhindern.

Die Frührentnerin wünsche sich, dass man ihr endlich eine Diagnose stellt, damit sie weiß, woran sie ist und dass man ihr endlich die Schmerzen zu lindern hilft, damit sie wieder mit zwei Enkelchen am Gesellschaftsleben teilnehmen kann. Dabei würde z. B. auch eine „richtige“ Reha – außerhalb ihres Umfeldes sicherlich helfen können. Die letzte Reha liege fünf Jahre zurück. Damals wurde sie aber psychosomatisch behandelt.

Mit Rückenschulungen braucht der zweifachen Oma niemand mehr zu kommen - davon habe sie in den letzten Jahren bereits fünf hinter sich gebracht. „Ich habe gehört, wenn starke Schmerzen unvermindert andauern, sollten ihre Ursachen ärztlich abgeklärt werden - ich warte immer noch darauf“, ereifert sich Balten mit Tränen in den Augen.

Hilfe durch den VdK-Sozialverband:

Herta Balten hat sich nun entschieden, ihre Mitgliedschaft im Sozialverband VdK zu nutzen, um sich einmal richtig beraten zu lassen. Denn sie ist nach einem Gespräch mit einem VdK-Mitglied nun auch davon überzeugt, dass sie als Schmerzpatient mehr Rechte habe als man ihr in den letzten Jahren zugestanden habe. Sie möchte mit der Hilfe des VdK-Sozialverbands einen erneuten Anlauf starten.

Was sagen Studien?

Einer Studie zufolge bekommen Patienten mit Rückenschmerzen oft eine Therapie, die ihnen nicht hilft. Gründe sind oft eine falsche Diagnose oder das Budget für die Behandlung eines Rückenschmerzpatienten. Ein Orthopäde erhält in NRW ca. 35 Euro pro Quartal für die Behandlung eines Rückenschmerzpatienten. Zudem stehen in ganz Deutschland einer wachsenden Zahl an Betroffenen nur etwa 300 Praxen zur Verfügung, die sich auf das Thema spezialisiert haben. Die Folge sind oft sehr lange Wartezeiten.

Seit 2011 gibt es das „Programm für Nationale Versorgungsleitlinien (NVL Kreuzschmerz)“, das von der Bundesärztekammer, Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften entwickelt wurde. Leider finden die dort bezeichneten Leitlinien bei den meisten Ärzten eher selten bis keine Anwendung.

Leitlinienunter: www.leitlinien.de

Über den VdK

Das Porträt - der Sozialverband VdK NRW ist seit 70 Jahren im Einsatz für den Erhalt des sozialen Friedens.

Der Sozialverband VdK wurde als nordrhein-westfälischer Landesverband im Oktober 1948 gegründet, um nach dem 2. Weltkrieg für eine ausreichende Versorgung der Bedürftigen einzutreten. Der inzwischen bundesweit 1,8 Millionen Mitglieder starke Sozialverband hat sich im Laufe der Jahre zur stärksten Interessenvertretung der Rentner, Menschen mit Behinderungen, Arbeitslosen, Pflegebedürftigen sowie Kriegs-, Wehrdienst- und Unfallopfer in Deutschland entwickelt.

Verbandsstufen - sozialpolitisches Engagement - konfessionelle und politische Unabhängigkeit

Im in Düsseldorf beheimateten VdK NRW sind über 340.000 Mitglieder in 43 Kreis- mit rund 785 Ortsverbänden organisiert. Seine heutige Aufgabe sieht der VdK darin, durch sein sozialpolitisches Engagement auf Bundes-, Landes- und Kreisebene für soziale Gerechtigkeit zu sorgen, damit niemand ins gesellschaftliche und finanzielle Abseits gedrängt wird. Bereiche, in denen sich der VdK besonders stark für die Interessen der sozial Schwachen unserer Gesellschaft einsetzt, sind unter anderem die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung. Dabei braucht der VdK als gemeinnütziger Verband, der seine Arbeit über Mitgliedsbeiträge und Spenden finanziert und an keine Konfession gebunden ist, bei der Interessenvertretung seiner Mitglieder keinerlei politische Rücksichten zu nehmen. Zahlreiche Dienstleistungen - mehr als 8.600 ehrenamtliche und 320 hauptamtliche Mitarbeiter - 267 ehrenamtliche Richter.

VdK-Mitglieder können zahlreiche Dienstleistungen eines modernen Sozialverbandes nutzen, die von den über 8.600 ehren- und 320 hauptamtlichen Mitarbeitern angeboten werden. Dazu zählt die Beratung in allen sozialrechtlichen Fragen vom Schwerbehinderten- bis zum Rentenrecht ebenso wie die Rechtsvertretung vor den Sozialgerichten (nötigenfalls auch vor den Landessozialgerichten sowie dem Bundessozialgericht), in Widerspruchsverfahren und teilweise auch vor den Verwaltungsgerichten. Zu aktuellen Themen im Bereich Sozialpolitik und Sozialrecht laden die Kreisverbände vor Ort zu Informationsveranstaltungen ein. Weitere Vorteile für VdK-Mitglieder sind die Vermittlung von Reiseangeboten für Individual- und Gruppenreisen, die preiswerte Nutzung des verbandseigenen Erholungshotels und der Bezug des monatlich erscheinenden Verbandsorgans VdK-Zeitung.

Engagiert im Sozialverband VdK - aktiv im Ehrenamt

Als VdK-Mitglied wird man aber nicht nur im Bedarfsfall betreut und beraten, sondern hat auch vielfältige Möglichkeiten, sich aktiv am Verbandsgeschehen zu beteiligen. Selbst ehrenamtlich tätig werden kann man beispielsweise in Vorständen und Arbeitsgruppen, in der Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit, bei der Betreuung von Mitgliedern und auch als ehrenamtlicher Sozialrichter, von denen der VdK allein in NRW derzeit 267 stellt.

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