Kategorie Aktuelle Meldung Hinterbliebenenrente

Witwenrenten als Mittel gegen Armut

Von: Julia Frediani

Wenn der Ehemann oder die Ehefrau stirbt, dann ist das ein großer Verlust für die Hinterbliebenen. Für sie gibt es nach dem Tod des Partners die Witwen- oder Witwerrente, um ihnen eine finanzielle Unterstützung zu bieten. 

Eine ältere Dame sitzt alleine auf der Parkbank, neben ihr steht ein Rollator. 
© IMAGO / Rolf Poss

Wirtschaftsweise fordern Abschaffung der Witwenrente

Die Hinterbliebenenrente hat eine „Unterhaltsersatzfunktion“, wie es in der juristischen Fachsprache heißt. Sie ist also ein Ersatz für den Unterhalt, den der oder die Verstorbene bis zum Tod erbracht hat.

Die Wirtschaftswissenschaftlerin Monika Schnitzer, Vorsitzende der sogenannten Wirtschaftsweisen, hatte im Sommer gefordert, die Witwenrente abzuschaffen und ein Rentensplitting einzuführen. VdK-Präsidentin Verena Bentele widersprach ihr: „Ich kann Vorschlägen, ein Rentensplitting für Hinterbliebenenrenten flächendeckend einzuführen, wirklich nichts abgewinnen.“ Der Sozialverband VdK macht sich immer wieder gegen Einschränkungen bei den Witwenrenten stark.

Mittel gegen Armut

Bentele unterstreicht die soziale Funktion der Rente vor allem für verwitwete Frauen: „Witwenrenten sind immer noch ein wirksames Mittel gegen Armut bei Frauen. Viele Frauen konnten und können keine ausreichenden eigenen Rentenansprüche erwerben, da sie in ihrem Arbeitsleben häufig unfreiwillig in Teilzeit arbeiten und sich unentgeltlich um Kinder und pflegebedürftige Angehörige kümmern“, erklärt sie.

Nach dem Vorschlag von Schnitzer würden bei einem Rentensplitting die Rentenansprüche aus der Zeit der Ehe hälftig aufgeteilt werden. Der Partner mit den höheren Rentenansprüchen gibt dabei einen Teil seiner Ansprüche an seine Partnerin ab. Die Witwenrente fällt in dem Fall weg. Die aktuellen Regelungen zur großen Witwenrente sehen dagegen vor, dass Hinterbliebene grundsätzlich mindestens 55 Prozent der Rente ihres verstorbenen Ehepartners erhalten.

VdK-Präsidentin Bentele: "Andere Stellschrauben drehen"

Aktuelle Zahlen der Deutschen Rentenversicherung verdeutlichen, wie wichtig bei den derzeitigen Regelungen die Witwenrente für das monatliche Einkommen für Hinterbliebene ist: Der durchschnittliche Zahlbetrag bei Renten wegen Todes – so der Fachbegriff – betrug Ende 2021 in den alten Bundesländern bei den Männern 338 Euro brutto und bei den Frauen 684 Euro brutto im Monat. Witwen in den neuen Bundesländern erhielten rund 747 Euro brutto, Witwer nur 474 Euro brutto.

Bentele schlägt vor, andere Stellschrauben zu drehen, damit es höhere Renten im Alter gibt: „Will die Rentenversicherung tatsächlich mehr Beitragszahlerinnen und -zahler und ein höheres Rentenniveau für alle haben, dann müssen wir woanders ansetzen. Die unterschiedliche Bezahlung von Männern und Frauen muss ein Ende haben, es muss eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf geben. Außerdem muss es einen Lohn für pflegende Angehörige sowie eine Sozialversicherungspflicht ab dem ersten Euro Verdienst geben.“

Jung verwitwet

Besonders von Armut bedroht sind häufig junge Hinterbliebene mit Kindern, wenn die Ehepartner jung sterben. Die Rentenanwartschaft ist noch sehr niedrig und die sich daraus ergebene Witwen- oder Witwerrente liegt häufig unterhalb des Existenzminimums: Sie reicht kaum zum Leben. Nach den aktuellen Regeln werden 40 Prozent ihres eigenen Nettoeinkommens auf die ihnen zustehende Witwenrente angerechnet.

Aus Sicht des VdK ist ein höherer Freibetrag für Hinterbliebene notwendig. Der VdK fordert, dass das allgemeine Rentenniveau auf 53 Prozent angehoben und alle Kürzungsfaktoren gestrichen werden. So könnte die Höhe des Freibetrags künftig wieder der Lohnentwicklung folgen und auch die Hinterbliebenenrenten würden um rund zehn Prozent steigen.