Bentele: „Wohnungsmarkt ist nicht auf den demografischen Wandel vorbereitet“
- Sozialverband VdK fordert, Neubauten konsequent barrierefrei zu gestalten
- Verena Bentele: „Ich kann nicht verstehen, warum sich ein Bauunternehmer noch dagegen entscheidet“
Wie können mehr barrierefreie Wohnungen gebaut werden? Zu dieser Frage tauschen sich am Mittwoch Politik, Verwaltung und Verbände im „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ aus, dem auch der Sozialverband VdK angehört. VdK-Präsidentin Verena Bentele erklärt dazu:
„Wir brauchen dringend mehr barrierefreie Wohnungen in Deutschland. Bereits heute liegt der Mehrbedarf bei rund zwei Millionen solcher Wohnungen, und wir alle wissen, dass die Folgen des demografischen Wandels erst in den nächsten Jahren richtig deutlich werden. Das zeigt ganz aktuell zum Beispiel die Evaluation des KfW-Förderprogramms 'Altersgerecht Umbauen' durch das Institut Wohnen und Umwelt.
Unsere Gesellschaft wird immer älter. Der Wohnungsmarkt ist nicht auf den demografischen Wandel vorbereitet. Viele Studien zeigen sehr deutlich: Häuser von Anfang an barrierefrei zu bauen, ist viel günstiger, als alte Wohnungen umzurüsten – und nahezu genauso teuer, als würde man Neubauten nicht barrierefrei bauen. Laut einer Studie von Terragon bewegen sich die Mehrkosten für barrierefreie Neubauten bei 1,26 Prozent. Die wahren Kostentreiber im Baugewerbe liegen woanders. Ich kann daher nicht verstehen, warum sich ein Bauunternehmer noch dagegen entscheidet, barrierefrei zu bauen.
Barrierefreie Wohnungen nützen nicht nur Menschen mit Behinderung, sondern genauso Familien, kranken oder älteren Menschen. Aus den Beratungen beim VdK wissen wir, dass unsere Mitglieder ganz unterschiedliche Gründe für den barrierefreien Aus- und Umbau haben. Viele Ältere sind noch sehr selbstständig, haben aber Probleme, sich in ihrer Wohnung zu bewegen, weil es keinen Fahrstuhl gibt oder der Einstieg in die Dusche ihnen schwerfällt. Andere sind durch eine Krankheit oder einen Unfall in ihrer Mobilität eingeschränkt, würden aber gern auch mit wenig Hilfe von Freunden oder Verwandten ihren Alltag bewältigen.
Bundesbauministerin Klara Geywitz hat in dieser Woche den Bedarf an barrierefreien Wohnungen in einem Zeitungsinterview noch einmal deutlich gemacht. Sie hat erkannt, dass Deutschland in Sachen altersgerechtes Wohnen einen enormen Nachholbedarf hat. Um den Neubau von barrierefreiem Wohnraum zu fördern, fordert der VdK, dass das „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ einen Mindeststandard für Neubauten erarbeitet, der Eingang in die Bauordnungen der Bundesländer findet. Wir hätten schon viel erreicht, wenn Bauunternehmen verpflichtet werden, ihre Wohnung schwellenfrei, die Bewegungsflächen, etwa in Bädern und Küchen, groß genug zu gestalten, sowie ausreichend breiten Türen und einen Fahrstuhl ins Haus einzubauen.
Um auch alte Wohnungen barrierefrei umzubauen, ist es gut und wichtig, dass der Bund die Mittel im KfW-Programm „Altersgerecht umbauen“ verdoppelt hat. Klar ist aber auch: Reichen wird das noch lange nicht. In den vergangenen Jahren sind die Mittel rasend schnell abgeflossen. Damit die Mittel für das ganze Jahr ausreichen, brauchen wir mindestens 390 Millionen Euro in diesem Programm. Hier muss der Bund weiter nachbessern, um den Menschen im Land den Wunsch nach einem selbstbestimmten Lebensabend in den eigenen vier Wänden zu erfüllen.“