
Schwerstbehindertes Kind: Kasse muss für Klinikaufenthalte bezahlen
Dank der Rechtsabteilung des VdK Baden-Württemberg kann der schwerstbehinderte Luis zweimal im Jahr in einer Klinik in der Slowakei behandelt werden. Der VdK hat durchgesetzt, dass die AOK die Kosten für die Reha-Aufenthalte bezahlen muss.

Fortschritte durch spezialisierte Therapie erzielt
Luis ist mit einer Fehlbildung des Gehirns zur Welt gekommen. Dadurch ist der Neunjährige körperlich stark eingeschränkt und kann nicht sprechen. Zudem leidet er unter spastischen Lähmungen und epileptischen Anfällen. Auf der schwierigen Suche nach einer guten therapeutischen Versorgung für ihren Sohn wurde Jasmin Fritz schließlich in der Slowakei fündig. Eine Klinik ist auf Kinder mit seinen Symptomen spezialisiert.
Seit 2018 verbringt Luis dort zweimal im Jahr zwei Wochen. Er erhält an sechs Tagen in der Woche bis zu sechs Stunden Physio-, Logo- und Ergotherapie. Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte in Deutschland befürworten die Aufenthalte und sehen Erfolge durch die intensive therapeutische Betreuung. Jasmin Fritz berichtet, dass ihr Sohn durch die Reha deutliche Fortschritte macht, sich Muskulatur an Bauch und Rücken bilde, die ihm dabei helfe, frei zu sitzen. „Er kann mittlerweile gezielter greifen und hat dort gelernt, Ja und Nein zu zeigen, indem er mit dem Kopf nickt oder ihn schüttelt.“
Sie lobt die Betreuung: „Das Therapeuten-Team in der Klinik weiß mittlerweile genau, was Luis braucht.“
Unerwartete Ablehnung durch die Krankenkasse
Nachdem die Krankenkasse dreimal die Kosten für die Klinikaufenthalte in der Slowakei übernommen hatte, lehnte sie dann im Jahr 2020 den Antrag unerwartet ab. Es sei keine nachhaltige Besserung durch die Behandlung in der Klinik erzielt worden, so die AOK. Die Krankenkasse empfahl stattdessen, dass Luis Therapien vor Ort intensivieren soll. Dabei hat er bereits zweimal in der Woche Physiotherapie und pferdegestützte Therapie. Und er übt täglich das Stehen und Gehen mit seiner Mutter, eine ausgebildete Krankenschwester. Dafür nutzt er Hilfsmittel wie eine Stehstütze und einen Walker. Auch nach einem Widerspruch lenkte die AOK nicht ein.
Deshalb reichte Rechtsberaterin Yvonne Bellmann vom Externer Link:VdK in Reutlingen beim Sozialgericht Klage ein. Sie verwies in der Begründung darauf, dass nur durch das intensive Reha-Programm in der Klinik die Fortschritte des Jungen stabilisiert werden können.
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Verfahren nach Berufung durch Vergleich beendet
Die AOK blieb bei der Ablehnung und regte eine stationäre Reha für den Sohn in Wohnortnähe an. Bellmann ließ das Angebot mehrerer Kliniken auswerten und kam zu dem Ergebnis, dass es keine vergleichbare Einrichtung in Wohnortnähe für die spezifische Behandlung des Jungen gibt. Doch das Sozialgericht wies die Klage ab.
Bellmann legte Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg ein. Ihr VdK-Kollege Carsten Bandtel von der Rechtsabteilung in Stuttgart machte in der Begründung deutlich, dass das Wunsch- und Wahlrecht über die Art der Reha und der Klinik zu berücksichtigen sei. Das habe das Sozialgericht nicht beachtet. Und er belegte, dass eine Abrechnung der Kosten zwischen AOK und der slowakischen Klinik möglich ist.
Es kam zu einem Erörterungstermin vor dem LSG, bei dem die AOK einen gerichtlichen Vergleichsvorschlag ablehnte und nach weiterem Schriftverkehr ihrerseits ein Angebot präsentierte. VdK-Jurist Bandtel machte daraufhin einen Gegenvorschlag.
Das Verfahren endete schließlich mit einem neuen gerichtlichen Vergleichsvorschlag: Die AOK verpflichtete sich dadurch, Kosten für Klinikaufenthalte im Jahr 2020 (4674 Euro) und 2022 (5111 Euro) zu übernehmen. Zudem zahlt sie von 2024 bis 2029 zweimal jährlich eine Reha. Jasmin Fritz ist überglücklich: „Das Verfahren hat viel Kraft und Zeit gekostet, die ich jetzt endlich wieder für meinen Sohn habe.“