Kasse muss Stammzelltransplantation bezahlen
Aus unserer Rechtsberatung: Der VdK Mecklenburg-Vorpommern erreichte die Kostenübernahme für die Behandlung einer Patientin mit Multipler Sklerose.
Während in der Schweiz und anderen Ländern die autologe Stammzelltransplantation zur Behandlung von Multipler Sklerose von der Krankenkasse übernommen wird, müssen Erkrankte in Deutschland darum kämpfen. Ramona Scheel, Leiterin der Rechtsabteilung des Externer Link:VdK Mecklenburg-Vorpommern, konnte die Kostenübernahme durch die Krankenkasse zum wiederholten Mal durchsetzen.
MS: Ärzte empfehlen autologe Stammzelltransplantation
Im Jahr 2010 wurde bei Bea H. (Name ist der Redaktion bekannt) Multiple Sklerose (MS) festgestellt. In den folgenden Jahren litt sie zunehmend unter Lähmungserscheinungen in den Armen und Beinen. Therapien und Medikamente konnten den Verlauf der Autoimmunerkrankung nicht stoppen.
Im Sommer 2024 attestierten ihr die Fachleute der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf einen sehr schlechten Gesundheitszustand. Im Entlassungsbericht ist von Gedächtnis- und Wortfindungsstörungen, Zitteranfällen am ganzen Körper, Kraftlosigkeit und Sehstörungen als Nebenwirkungen eines MS-Medikaments die Rede. Mit Hilfe könne sie maximal 100 Meter zu Fuß zurücklegen. Alleine könne sie weder stehen noch gehen.
Die Ärzte empfahlen der Patientin eine autologe Stammzelltransplantation, bei der Blutstammzellen entnommen werden, um sie nach einer hochdosierten Chemotherapie dem Körper wieder zuzuführen. Auf diese Weise soll ein Neustart des Immunsystems ermöglicht werden. Das Verfahren sei die aussichtsreichste Behandlung, um den Krankheitsverlauf einzudämmen, so die Ärzte.
Mitglied im VdK werden!
Kasse lehnt ab – VdK legt Widerspruch ein
Die Barmer Krankenkasse lehnte den Antrag auf Kostenübernahme der Behandlung ab. Es läge keine lebensbedrohliche Erkrankung vor, so die Begründung. Außerdem gäbe es keine verlässlichen Studien zur Wirksamkeit der Therapie bei MS.
Bea H. wandte sich daraufhin an den VdK Mecklenburg-Vorpommern. Die Leiterin der Rechtsabteilung in Schwerin, Ramona Scheel, legte bei der Krankenkasse Widerspruch gegen die Ablehnung ein. Scheel hatte im Jahr 2022 ein ähnliches Verfahren vor dem Sozialgericht Schwerin gewonnen und den Anspruch auf eine Stammzelltherapie für ein VdK-Mitglied mit MS durchgesetzt (Aktenzeichen: S 25 KR 44/22 ER). Damals war das Gericht der Auffassung, dass durch die fortschreitende Erkrankung dem Patienten der Verlust der Gehfähigkeit drohe. Deshalb ordnete es die Kostenübernahme an, um die Mobilität durch eine Stammzelltherapie zu schützen.
Widerspruch und Klage können Betroffenen zu ihrem Recht verhelfen
Wegen der Ähnlichkeit der beiden Fälle und des richtungsweisenden Urteils kündigte Scheel der Krankenkasse an, erneut vor das Sozialgericht zu gehen. Auch Bea H. drohe Gehunfähigkeit. Deshalb habe auch sie Anspruch auf die Stammzelltransplantation. Eine unmittelbar lebensbedrohliche Situation der Betroffenen sei für die Leistungspflicht der Krankenkasse in diesem Fall nicht erforderlich.
Zudem machte Scheel deutlich, dass die bisher verwendeten Medikamente aufgrund von Nebenwirkungen zu risikoreich seien die Erkrankung nicht aufgehalten hätten. Ein längeres Warten und der Verweis auf angeblich gleich wirksame alternative Medikamente seien der Patientin nicht zuzumuten und würden den Erfolg einer Stammzelltherapie gefährden.
Die Krankenkasse lenkte daraufhin ein und bewilligte die Kostenübernahme. Bea H. konnte den Erfolg kaum fassen und hofft, im März mit der Behandlung beginnen zu können.
Scheel rät Erkrankten in einer ähnlichen Situation dringend, sich rechtlich beraten zu lassen. „Die bisherigen Erfolge in diesem Bereich zeigen, dass Widerspruch und Klage den Betroffenen sehr wohl zu ihrem Recht verhelfen können“
, sagt sie. Die VdK-Juristin wünscht sich jedoch, dass die Krankenkassen schon im Antragsverfahren gründlicher prüfen, damit so weitere rechtliche Schritte für die Betroffenen gar nicht erst notwendig wären.