Kategorie Erfolgsgeschichte Gesundheit

Kasse muss Stammzelltransplantation bezahlen

Von: Jörg Ciszewski

Aus unserer Rechtsberatung: Der VdK Mecklenburg-Vorpommern erreichte die Kostenübernahme für die Behandlung einer Patientin mit Multipler Sklerose.

Symbolfoto: Stammzellverarbeitung im Krankenhaus. Nach der Stammzellentnahme und Aufarbeitung werden die Stammzellen computergesteuert eingefroren und in Stickstoff bei -160¡C gelagert.
Stammzellverarbeitung im Krankenhaus (Symbolbild) © IMAGO / Rupert Oberhäuser

Während in der Schweiz und anderen Ländern die autologe Stammzelltransplantation zur Behandlung von Multipler Sklerose von der Krankenkasse übernommen wird, müssen Erkrankte in Deutschland darum kämpfen. Ramona Scheel, Leiterin der Rechtsabteilung des Externer Link:VdK Mecklenburg-Vorpommern, konnte die Kostenübernahme durch die Krankenkasse zum wiederholten Mal durchsetzen.

MS: Ärzte empfehlen autologe Stammzelltransplantation

Im Jahr 2010 wurde bei Bea H. (Name ist der Redaktion bekannt) Multiple Sklerose (MS) festgestellt. In den folgenden Jahren litt sie zunehmend unter Lähmungserscheinungen in den Armen und Beinen. Therapien und Medikamente konnten den Verlauf der Autoimmunerkrankung nicht stoppen.

Im Sommer 2024 attestierten ihr die Fachleute der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf einen sehr schlechten Gesundheitszustand. Im Entlassungsbericht ist von Gedächtnis- und Wortfindungsstörungen, Zitteranfällen am ganzen Körper, Kraftlosigkeit und Sehstörungen als Nebenwirkungen eines MS-Medikaments die Rede. Mit Hilfe könne sie maximal 100 Meter zu Fuß zurücklegen. Alleine könne sie weder stehen noch gehen.

Die Ärzte empfahlen der Patientin eine autologe Stammzelltransplantation, bei der Blutstammzellen entnommen werden, um sie nach einer hochdosierten Chemotherapie dem Körper wieder zuzuführen. Auf diese Weise soll ein Neustart des Immunsystems ermöglicht werden. Das Verfahren sei die aussichtsreichste Behandlung, um den Krankheitsverlauf einzudämmen, so die Ärzte.

Mitglied im VdK werden!

Kasse lehnt ab – VdK legt Widerspruch ein

Die Barmer Krankenkasse lehnte den Antrag auf Kostenübernahme der Behandlung ab. Es läge keine lebensbedrohliche Erkrankung vor, so die Begründung. Außerdem gäbe es keine verlässlichen Studien zur Wirksamkeit der Therapie bei MS.

Bea H. wandte sich daraufhin an den VdK Mecklenburg-Vorpommern. Die Leiterin der Rechtsabteilung in Schwerin, Ramona Scheel, legte bei der Krankenkasse Widerspruch gegen die Ablehnung ein. Scheel hatte im Jahr 2022 ein ähnliches Verfahren vor dem Sozialgericht Schwerin gewonnen und den Anspruch auf eine Stammzelltherapie für ein VdK-Mitglied mit MS durchgesetzt (Aktenzeichen: S 25 KR 44/22 ER). Damals war das Gericht der Auffassung, dass durch die fortschreitende Erkrankung dem Patienten der Verlust der Gehfähigkeit drohe. Deshalb ordnete es die Kostenübernahme an, um die Mobilität durch eine Stammzelltherapie zu schützen.

Widerspruch und Klage können Betroffenen zu ihrem Recht verhelfen

Wegen der Ähnlichkeit der beiden Fälle und des richtungsweisenden Urteils kündigte Scheel der Krankenkasse an, erneut vor das Sozialgericht zu gehen. Auch Bea H. drohe Gehunfähigkeit. Deshalb habe auch sie Anspruch auf die Stammzelltransplantation. Eine unmittelbar lebensbedrohliche Situation der Betroffenen sei für die Leistungspflicht der Krankenkasse in diesem Fall nicht erforderlich.

Zudem machte Scheel deutlich, dass die bisher verwendeten Medikamente aufgrund von Nebenwirkungen zu risikoreich seien die Erkrankung nicht aufgehalten hätten. Ein längeres Warten und der Verweis auf angeblich gleich wirksame alternative Medikamente seien der Patientin nicht zuzumuten und würden den Erfolg einer Stammzelltherapie gefährden.

Die Krankenkasse lenkte daraufhin ein und bewilligte die Kostenübernahme. Bea H. konnte den Erfolg kaum fassen und hofft, im März mit der Behandlung beginnen zu können.

Scheel rät Erkrankten in einer ähnlichen Situation dringend, sich rechtlich beraten zu lassen. „Die bisherigen Erfolge in diesem Bereich zeigen, dass Widerspruch und Klage den Betroffenen sehr wohl zu ihrem Recht verhelfen können“, sagt sie. Die VdK-Juristin wünscht sich jedoch, dass die Krankenkassen schon im Antragsverfahren gründlicher prüfen, damit so weitere rechtliche Schritte für die Betroffenen gar nicht erst notwendig wären. 

Mehr Fälle aus der Rechtsberatung

News-Karussell
Eine ärztliche Bescheinigung, bei der unter Befund/Medikation das Wort "Krebs" eingetragen ist.
Kategorie Erfolgsgeschichte Gesundheit Gesundheitssystem

Krebserkrankung: VdK setzt dringende Therapie per Eilantrag durch

Ein aktueller Fall aus der VdK-Rechtsberatung: Eine Krankenkasse wehrt sich gegen die Kostenübernahme für eine Krebstherapie. Dank VdK erkennt das Gericht die lebensbedrohliche Situation der Betroffenen und entscheidet schnell.

Ein Fuß einer Frau, der am Knöchel mit einer Bandage verbunden ist.
Kategorie Erfolgsgeschichte Sozialrecht Gesundheit

Schwere Schmerzstörung: VdK klagt erfolgreich gegen Unfallkasse

Erfolg für den VdK Nord vor dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht (LSG): Eine Unfallkasse muss eine schwere Schmerzstörung im Fuß einer 32-Jährigen als Folge eines versicherten Unfalls anerkennen – und für die Behandlung zahlen.

Eine Physiotherapeutin wendet einen speziellen Griff am Bein einer Patientin an und macht eine Lymphdrainage
Kategorie Erfolgsgeschichte Gesundheit Hilfsmittel

Kompressionsgerät erstritten: Kasse lenkt erst ein, als der VdK klagt

Die Krankenkasse verweigert Ursula Diller mehrfach ein Kompressionsgerät, mit dem sie ihre Erkrankung der Lymphgefäße auch zu Hause behandeln kann. Erst als der VdK NRW vor dem Sozialgericht gegen die Ablehnung klagt, wendet sich das Blatt.