Wahlprüfstein zur Bundestagswahl 2025

Für seine Mitglieder begleitet der VdK die Bundestagswahl 2025. Dazu zählt die Abgleichung zentraler VdK-Forderungen mit den Angeboten der demokratischen Parteien. Die Antworten der Parteien auf den VdK-Wahlprüfstein liegen mittlerweile vor.

Motiv der VdK-Aktion Jasozial: Grafik in rosa und lila. Zu sehen ist eine Hand, die das "Daumen hoch"-Zeichen macht, und der Schriftzug "Ja zum Sozialstaat"

Antworten der Parteien auf den VdK-Wahlprüfstein

Der Sozialverband VdK hat als Wahlprüfstein acht Fragen an die Parteien eingereicht. Das Verfahren ist aufgrund der kurzen Zeit bis zur vorgezogenen Bundestagswahl 2025 fest vorgegeben, so dass maximal acht Fragen gestellt werden konnten. Insgesamt 30 ausgewählte Organisationen, darunter der Sozialverband VdK, dürften ihre Wahlprüfsteine einreichen. Die Antworten der Parteien lesen Sie auf dieser Seite.

Hinweis: Der VdK hat seinen Wahlprüfstein an die Parteien SPDkurz fürSozialdemokratische Partei Deutschlands, CDUkurz fürChristlich Demokratische Union/CSUkurz fürChristlich-Soziale Union, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke, FDPkurz fürFreie Demokratische Partei und BSW gesendet. Die Reihenfolge der Antworten folgt der Sitzverteilung im aktuellen Bundestag. 

Die AfD wurde nicht befragt. Hintergrund: Der VdK bekennt sich in seiner Externer Link:Satzung klar zu Demokratie, Rechtsstaat, Solidarität und Menschenwürde. In § 2 der Satzung heißt es: „Der Bundesverband hält es für seine Pflicht, durch Aufklärung seiner Mitglieder und der Öffentlichkeit gegen Gewalt, Diskriminierung, Rassismus und Antisemitismus jeder Art zu wirken, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu verteidigen, alle Bemühungen zur Sicherung des Friedens zu unterstützen und für die Schaffung eines freiheitlichen und sozial gerechten Europas einzutreten.“ Vor diesem Hintergrund sind die Ziele, Werte, Positionen, die Satzung und das Externer Link:Menschenbild des VdK nicht mit den Inhalten und den Aussagen der AfD vereinbar.

1. Eine gute Rente für Alle einführen

Wie stehen Sie zu der Aussage, dass das Rentenniveau schnell stabilisiert und mittelfristig auf 53 Prozent angehoben werden muss, um auch für die zukünftige Generation das Vertrauen in die gesetzliche Rentenversicherung zu sichern? Hält Ihre Partei an der Regelaltersgrenze von 67 Jahren fest?

Unsere gesetzliche Rentenversicherung ist eine solidarische Lösung für alle. Sie bietet Sicherheit im Alter, aber auch davor, wenn man bspw. erwerbsunfähig wird. Sie anerkennt auch Zeiten der Kindererziehung oder der Pflege von Angehörigen rentensteigernd. Diese solidarische Rentenversicherung wollen wir stärken. Wer jahrzehntelang Beiträge gezahlt hat, muss auf dieses Versprechen der Sicherheit im Alter vertrauen können. Dies gilt auch für die heute jungen Menschen, die ins Erwerbsleben kommen und viele Jahre Beiträge zahlen werden. Wir lehnen die Rentenkürzungspläne von Union und FDPkurz fürFreie Demokratische Partei ab. Denn wenn die Renten heute im Verhältnis zu den Lohneinkommen gekürzt werden, betrifft das insbesondere die heute Jungen. Deshalb wird die SPDkurz fürSozialdemokratische Partei Deutschlands das Rentenniveau auch über 2025 bei mindestens 48 % stabilisieren. Ein abschlagsfreier Renteneintritt nach 45 Beitragsjahren wird mit der SPDkurz fürSozialdemokratische Partei Deutschlands auch künftig zwei Jahre früher möglich bleiben. Eine Anhebung der Regelaltersgrenze lehnen wir ab.

Wir wollen die Beitragsstabilität sichern, und zwar im Sinne der Generationengerechtigkeit. Wir spielen Jung und Alt nicht gegeneinander aus. Unser Ziel ist es daher, die Beitragssätze stabil zu halten, auch um gerade kleine und mittlere Einkommen zu schützen. Wir stehen für Verlässlichkeit beim Renteneintrittsalter und halten daher an der bestehenden gesetzlichen Regelung zum Renteneintrittsalter fest.

Wir müssen sicherstellen, dass alle Menschen in ihrem Ruhestand gut leben und sich auf die Sicherheit ihrer Altersvorsorge verlassen können. Aktuell gehen die geburtenstärksten Jahrgänge in Rente. Das ist für die Rentenversicherung eine große Herausforderung. Unser Ziel ist daher die  Stabilisierung des gesetzlichen Rentenniveaus bei mindestens 48 Prozent und die Einführung eines kapitalgedeckten Bürger*innenfonds – ähnlich wie in Schweden oder Kanada, mit dessen Dividenden Beitragssteigerungen abgefedert werden sollen. Damit verfolgen wir einen verantwortungsvollen und ausgewogenen Ansatz, der die finanzielle Belastung für alle Beteiligten im Rahmen hält und gleichzeitig die Rentner*innen besser absichert als nach heute geltendem Recht.

Wir halten an der Rente mit 67 fest. Wer darüber hinaus noch arbeiten möchte und noch arbeiten kann, der oder dem erleichtern wir dies. Gleichzeitig unterstützen wir diejenigen, die schon vor dem Rentenalter ihre Belastungsgrenze erreicht haben.

Wir Freie Demokraten stehen für eine generationengerechte und zukunftsfeste Rente sowie stabile Rentenbeiträge. Dafür brauchen wir ein Update des gesetzlichen Altersvorsorgesystems. Wir wollen die gesetzliche Aktienrente nach schwedischem Vorbild. Das heißt, dass ein Teil der Rentenbeiträge in einem unabhängig verwalteten Fonds angelegt wird, sodass wir besser gegen die Risiken einer alternden Bevölkerung geschützt sind, die Rentenbeiträge finanzierbar bleiben und die Menschen stärker von den Chancen einer kapitalgedeckten Altersvorsorge profitieren. Eine echte individuelle Aktienrente kann sogar wieder für ein steigendes Rentenniveau sorgen. Uns ist ein flexibler Renteneintritt wichtig. Die Menschen sollen nach schwedischem Vorbild künftig selbst entscheiden, wann der Ruhestand beginnt, sofern dann keine Sozialleistungen beantragt werden müssen. Je später jemand in Rente geht, desto höher ist die Rente.

Wir teilen die Auffassung, dass das Rentenniveau auf 53 Prozent angehoben werden muss. Wir wollen alle Renten sofort und einmalig um zehn Prozent zu erhöhen; auch, weil die Rentenanpassungen 2021-2023 hinter der Inflation zurückgeblieben sind. Wir haben uns von Anfang an dagegen gewehrt, die Regelaltersgrenze auf 67 Jahren zu setzen. Für viele bedeutet das faktisch eine Rentenkürzung – insbesondere in Berufen, in denen Beschäftigte nicht so lange durchhalten können. Wir fordern eine Regelaltersgrenze von 65 Jahren. Wer 40 Jahre lang gearbeitet und Beiträge gezahlt hat, soll ab 60 abschlagsfrei in Rente gehen können.

Das BSW fordert die Anhebung der Renten auf das lebensstandardsichernde Niveau von 53 Prozent, denn für Millionen Bürger ist die aktuelle gesetzliche Rente eine Armutsfalle; 16 Mio. Arbeitnehmern droht eine monatliche Rente unterhalb von 1.200 Euro. Wir fordern daher eine umfassende Rentenreform, die sich am Rentensystem Österreichs orientiert (siehe Antwort 5). Als ersten Schritt wollen wir kurzfristig alle Renten im Schnitt um 120 Euro im Monat anheben, um Inflationsfolgen abzufedern.

Wir lehnen jede weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters ab. Außerdem fordern wir, dass Menschen, die 45 Jahre gearbeitet und in die Rentenkasse eingezahlt haben, schon mit 63 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen können. Davon profitieren Arbeitnehmer, die in körperlich anstrengenden Berufen arbeiten, wie etwa Pflegekräfte oder Handwerker. Da diese oft aus gesundheitlichen Gründen nicht bis zum heutigen Rentenalter arbeiten können, ist die Rente mit 67 für sie eine faktische Rentenkürzung. Zentrale Rentenpolitische Forderungen haben wir im Bundestagswahlprogramm sowie in einem Antrag im Bundestag (Drucksache 20/10735) präzisiert.

2. Bürgerversicherungen im Bereich Gesundheit und Pflege umsetzen

Unterstützt Ihre Partei die Forderung nach einer schrittweisen Einführung einer einheitlichen solidarischen Kranken- und Pflegeversicherung (Bürgerversicherung)? Welche Schritte sind aus Ihrer Sicht prioritär?

Wir setzen auf ein solidarisches System der Bürgerversicherung, das allen Menschen gleichen Zugang zu Gesundheitsleistungen in gleicher Qualität bietet. In einem ersten Schritt möchten wir für Bundesbeamtinnen und -beamte ein echtes Wahlrecht zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKVkurz fürGesetzliche Krankenversicherung) durch eine pauschale Beihilfe schaffen. Außerdem planen wir ein einheitliches, einfaches Vergütungssystem, einen gerechteren Finanzausgleich zwischen den Krankenkassen, an dem auch private Krankenversicherungen beteiligt werden, sowie einkommensgerechte Beiträge für Versicherte. Auch in der Pflege wollen wir das Nebeneinander von gesetzlicher und privater Pflegeversicherung beenden. Private Pflegeversicherungen sollen schnellstmöglich in den Risikostrukturausgleich aller Pflegekassen einbezogen werden.

CDUkurz fürChristlich Demokratische Union und CSUkurz fürChristlich-Soziale Union stehen zu den Grundpfeilern des deutschen Gesundheitssystems mit seiner bewährten Selbstverwaltung und zur Dualität von gesetzlicher und privater Krankenversicherung. Das duale System wollen wir erhalten und stärken. Unser Gesundheitssystem braucht Reformen für eine solide Finanzierung, damit die Beiträge für alle Versicherten nicht weiter steigen. An der solidarischen Beitragsfinanzierung halten wir fest.

Wir setzen uns für eine Finanzierung von Gesundheit und Pflege unserer Gesellschaft ein, die verlässlicher und gerechter ist als der Status quo. Basis hierfür ist eine faire Beteiligung aller Versicherten an der Finanzierung. In unserem Konzept einer Bürger*innenversicherung kann die PKVkurz fürPrivate Krankenversicherung hierfür als Teil eines integrierten Versicherungssystems fortbestehen. Auch in der Pflege wollen wir auf dem Weg hin zu einer Pflegebürger*innenversicherung mit einem Ausgleich zwischen gesetzlicher und privater Pflegeversicherung dafür sorgen, dass sich alle gerecht an der Finanzierung des Pflegerisikos beteiligen. So tragen Versicherte mit finanziell starken Schultern stärker zur Finanzierung von Pflege und Gesundheit bei als solche, die nur über geringe Einkünfte verfügen. Die Beitragsbemessung wollen wir reformieren und beispielsweise auch Kapitaleinnahmen zur Finanzierung unseres Gesundheits- und Pflegesystems heranziehen. Damit schützen wir auch Löhne und Gehälter vor höheren Beitragsabgaben.

Wir Freie Demokraten bekennen uns zum dualen System aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung. In beiden Versicherungssystemen wollen wir Wechsel- und Wahlfreiheit der Versicherten stärken. Eine Einheitskasse lehnen wir ab, da mit ihr eine Verschlechterung der Versorgung für alle einhergehen würde.

Ja! Eine gute Gesundheitsversorgung für Alle kann funktionieren, wenn sie durch alle Menschen, auch solche mit sehr hohen Einkommen, Miet- oder Kapiteleinkommen oder Unternehmer*innen und Politiker*innen finanziert wird. So können Beiträge für 90 Prozent der Bevölkerung gesenkt und Leistungen verbessert werden, unter anderem mit höheren Personalschlüsseln in der Pflege. Prioritär ist Abschaffung der privaten Krankenversicherung (PKVkurz fürPrivate Krankenversicherung) – auch um die Zwei-Klassen-Medizin abzuschaffen und prekär Versicherte in der PKVkurz fürPrivate Krankenversicherung wieder Zugang zu einer guten Versorgung zu verhelfen.

Durch eine seit Jahrzehnten verfehlte Gesundheitspolitik hat sich die medizinisch-pflegerische Versorgung zunehmend in eine schlecht organisierte öffentliche Basisversorgung für Kassenpatienten und eine privat organisierte und finanzierte Luxusversorgung für Privatversicherte aufgespalten. Das BSW will diese Zweiklassenmedizin beenden. Wir wollen stattdessen eine gesetzliche und beitragsfinanzierte Bürgerversicherung einführen, in die alle Bürger aus allen Berufs- und Einkommensgruppen nach ihrem Einkommen gestaffelt einzahlen. So lassen sich gleiche Leistungen für alle auf hohen medizinischen Standards finanzieren. Wichtig ist dem BSW die Abschaffung von Zuzahlungen für angebliche Zusatzleistungen wie etwa für notwendigen Zahnersatz und Sehhilfen. Diese Leistungen müssen in den Katalog der Bürgerversicherung zurückgeholt werden. Langfristig streben wir an, dass die Gesundheitsversorgung wieder vollständig Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge wird: Die Privatisierungen der letzten Jahrzehnte und die damit verbundene Renditeorientierung in Gesundheits- und Pflegeversorgung müssen zurückgenommen werden!

3. Gesamtgesellschaftliche Aufgaben aus Steuermitteln gerecht finanzieren

Wie positioniert sich Ihre Partei zur Finanzierung versicherungsfremder Leistungen in der Pflegeversicherung und der gesetzlichen Krankenversicherung? Möchte Ihre Partei den gesetzlichen Regelungen nachkommen und diese vollkommen durch Haushaltszuschüsse refinanzieren?

Versicherungsfremde Aufgaben im Gesundheitswesen möchten wir künftig verstärkt aus Steuermitteln finanzieren. Dabei setzen wir auf einen maßvollen Einsatz von Steuermitteln, ohne das Risiko von Leistungskürzungen für beitragsfrei versicherte Familienangehörige einzugehen oder eine Abhängigkeit von der Haushaltslage des Bundes zu schaffen.

Unser Gesundheitssystem braucht eine solide Finanzierung. CDUkurz fürChristlich Demokratische Union und CSUkurz fürChristlich-Soziale Union sind offen für eine Prüfung einer besseren Abgrenzung von versicherungsfremden Leistungen in der Pflegeversicherung und der gesetzlichen Krankenversicherung. Beitragsgelder dürfen nicht für die Finanzierung öffentlicher Aufgaben verwendet werden. Diese sollten aus Steuermitteln refinanziert werden.

Unser Gesundheits- und Pflegesystem ist dafür da, Erkrankungen und Pflegebedürftigkeit vorzubeugen, kranke Menschen zu heilen und Pflegebedürftige gut zu pflegen. In den vergangenen Jahren wurden den Versicherungen jedoch viele Kosten zugeschoben, die aus Steuermitteln hätten finanziert werden sollen. Diesen Trend wollen wir umkehren und damit die Versicherten und die Arbeitgeber von versicherungsfremden Leistungen entlasten. Dazu gehört, dass wir die Finanzierung der Rentenbeiträge von pflegenden Angehörigen oder die Beiträge für Empfänger*innen von Bürgergeld angemessener über den Staat finanzieren. Damit bleibt auch mehr Geld im System, um in gute Gesundheit und Pflege zu investieren.

Um die ungebremste Leistungsausgabenentwicklung und die damit in direktem Zusammenhang stehenden enormen Beitragserhöhungen in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung in den Griff zu bekommen, dürfen deren Ausgaben künftig nicht stärker wachsen als deren Einnahmen. Zudem werden wir Freie Demokraten alle Leistungsausweitungen der letzten zehn Jahre konsequent einem Evidenz-, Effizienz- und Wirtschaftlichkeitscheck unterziehen. Versicherungsfremde Leistungen sollen sukzessive nicht mehr aus Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung, sondern aus dem Bundeshaushalt finanziert werden.

Das Pflegesystem in Deutschland führt zu sozialen Härten in vielen Familien. Die Linke will der Pflegekrise unter anderem durch einen hohen Steuerzuschuss begegnen, der kurzfristig die Fehlkonstruktionen der Pflegeversicherung abfedert. Längerfristig muss die Pflegeversicherung zu einer Vollversicherung (wie die Krankenversicherung) ausgebaut werden, die alle pflegebedingten Kosten und sozialen Nachteile ausgleicht. In der Krankenversicherung muss der Steuerzuschuss die Leistungen, die eigentlich nicht Aufgabe der GKVkurz fürGesetzliche Krankenversicherung, sondern gesamtgesellschaftliche Aufgaben sind, vollständig ausgleichen. Allein das könnte schon einen erheblichen Teil der aktuellen Beitragsexplosion auffangen.

Das BSW unterstützt dies unmissverständlich: Die finanzielle Schieflage der gesetzlichen Kassen infolge versicherungsfremder Leistungen muss vollumfänglich durch Zahlungen aus dem Bundeshaushalt finanziert werden. Allein die Entnahme von 13,1 Milliarden Euro für versicherungsfremde Leistungen bei den gesetzlichen Pflegekassen während der Corona-Pandemie hat eine Finanzierungslücke von rund 6 Milliarden Euro verursacht. Pläne, wie unter anderem von der zerbrochenen Ampelregierung, diese Kosten über Beitragserhöhungen auf die Versicherten abzuwälzen, lehnen wir vehement ab. Dies ist unserer Rechtsauffassung nicht nur ein Bruch der gesetzlichen Regelungen, sondern sogar verfassungswidrig. Dementsprechend haben wir in einem Antrag im Bundestag (Drucksache 20/13743) die von der Ampelregierung beschlossene Erhöhung der Beitragssätze für die soziale Pflegeversicherung ab 2025 um 0,2 Prozentpunkte zurückgewiesen und deren Rücknahme sowie die vollständige Rückerstattung der entnommenen 6 Mrd. aus Mitteln des Bundeshaushalts gefordert.

4. Ambulante Pflege stärken

Welche Schritte plant Ihre Partei für den Abbau der Sektorengrenzen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung und wie will Ihre Partei pflegende Angehörige stärker entlasten? Wie steht Ihre Partei zu einer Lohnersatzleistung oder einem Pflegelohn für pflegende Angehörige?

Unser Ziel ist eine passgenaue sektorenübergreifende und interprofessionelle Zusammenarbeit vom Notfall bis zur planbaren Operation, Nachsorge und Pflege. Wir wollen Barrieren zwischen Praxen, Krankenhäusern und anderen Versorgungseinrichtungen abbauen und die Zusammenarbeit im Gesundheitswesen durch bedarfsgerechte Regionalisierung erreichen. Diese soll eine verbesserte, je nach lokalen Notwendigkeiten Krankenhaus-, MVZ- oder Praxenzentrierte Versorgung mit vernetzten Strukturen, integrierten Notfallzentren und dem Einsatz von Telemedizin und Telepharmazie ermöglichen. Für pflegende Angehörige und nahestehende Personen möchten wir mehr Zeitsouveränität schaffen – durch Familienpflegezeit, Familienpflegegeld (analog zum Elterngeld als Lohnersatzleistung) und ein Familienbudget für Alltagshilfen. Zudem wollen wir Beratung, Vernetzung und Anlaufstellen sowie die Tages- und Nachtpflegeeinrichtungen ausbauen, um die Pflegeinfrastruktur zu stärken.

CDUkurz fürChristlich Demokratische Union und CSUkurz fürChristlich-Soziale Union wollen die Versorgung stärken - in der Stadt und auf dem Land. Die zögerliche Entwicklung in der sektorenübergreifenden Versorgung kranker Menschen wollen wir beschleunigen. Beispielsweise sollen die ambulanten und stationären Versorgungsangebote für psychische Erkrankungen bedarfsgerecht weiterentwickelt werden, insbesondere für Kinder und Jugendliche. Für pflegende Angehörige wollen wir die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf stärken. Zudem wollen wir mehr Vereinfachung mit einem Pflegebudget erreichen, das flexibel für pflegerische Leistungen einsetzbar ist. Eine Lohnersatzleistung wird in unseren Parteien ergebnisoffen diskutiert. Wir werden prüfen, ob dies im Bundeshaushalt abgebildet werden kann.

Kommunen sollen mehr Möglichkeiten erhalten, Angebote vor Ort auf die steigende Zahl älterer und pflegebedürftiger Menschen auszurichten. Notwendig sind aus unserer Sicht mehr ambulante und alternative Wohnformen sowie Tages- und Kurzzeitpflegeplätze für pflegebedürftige Menschen. Zudem sollen Unterstützungsleistungen für Pflegebedürftige besser miteinander kombinierbar sein, damit sie leichter in Anspruch genommen werden können - perspektivisch unabhängig vom Wohnort.

Wir wollen die Situation der Menschen verbessern, die selbst Angehörige oder nahestehende Personen pflegen. Eine Aufgabe, die erfüllend sein kann, aber auch Kraft und Zeit kostet. Wer die eigene Arbeitszeit für die Pflege reduziert, braucht finanzielle Unterstützung in Form eines zeitlich begrenzten Ausgleichs der entgangenen Einkünfte. Die Leistung soll so ausgestaltet sein, dass mehrere Personen sich die Pflege teilen können. Berufliche Freistellungen sollen besser und flexibler möglich sein.

Wir Freie Demokraten werden künstliche Sektorenbarrieren zwischen dem ambulanten und dem stationären Versorgungsbereich konsequent abbauen und die Verzahnung und Vernetzung aller Versorgungsbereiche weiterentwickeln. Wir wollen erwachsenen pflegenden Angehörigen die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf erleichtern und es ihnen im Alltag leichter machen. Durch einen deutlichen Ausbau von Kurzzeitpflegeplätzen wollen wir für akute Entlastung sorgen. Bestehende Regelungen wie das Pflegeunterstützungsgeld für Arbeitnehmer sollen auch für Selbstständige gelten. Den Entlastungsbetrag für haushaltsnahe Dienstleistungen wollen wir zugänglicher machen. Für die über 500.000 pflegenden Kinder und Jugendlichen initiieren wir ein Helden-Programm. Wir wollen ihnen Sichtbarkeit und vor allem Chancen für ihre eigene Zukunft geben. Hierzu schaffen wir kindgerechte Entlastungen, mehr Sensibilität für ihre besondere Lebenssituation und ausgebaute Unterstützungsangebote.

Die Linke setzt sich dafür ein, sektorenfreie Gesundheitszentren mit ambulanter, stationärer und notfallmedizinischer Versorgung aus einer Hand einzuführen. Im Interesse der Patient*innen müssen alle Behandelnden im Krankenhaus, der Hausarzt, die Fachärztin, die Apothekerin oder der Physiotherapeut bis zum Pflegedienst viel mehr miteinander kommunizieren und kooperieren. Fallkonferenzen und unabhängiges Fallmanagement müssen Normalität werden. Pflegende Angehörige müssen Zeit für die Pflege und Qualifikation der Pflegenden haben und vor Armut geschützt werden. Die Linke fordert passgenaue Hilfe für die vielfältigen Bedarfe zu Hause: Ausbau der Tages- und Kurzzeitpflege, bezahlte Freistellungen, Geldleistungen und Rentenpunkte.

Das BSW fordert eine grundlegende Reform des Gesundheitswesens (siehe Frage 2 sowie unseren Antrag auf Bundestagsdrucksache 20/11433). Eine zentrale Maßnahme ist die Abschaffung des Fallpauschalen-Systems, das u.a. Renditeorientierung und Konkurrenz zwischen Krankenhäusern vorantreibt und Fehlanreize – z.B. für teure Apparatemedizin – setzt. Zudem verfestigt das Fallpauschalen-System die Grenzen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung – zu Lasten einer effizienten und bedürfnisorientierten Versorgung. Wir wollen stattdessen ein System integrierter regionaler Versorgungsstrukturen mit eigenem Budget und Kommunen als zentralen Trägern. Dies ermöglicht ein sinnvolles Zusammenspiel von ambulanter und stationärer Versorgung, in dem u.a. Hausarztpraxen und Ärztehäuser mit Spezialfachärzten und Krankenhäusern zum Wohl des Patienten kooperieren.

Die Pflege von Angehörigen ist neben der psychischen auch eine finanzielle Belastung – oft sogar Armutsrisiko. Das BSW will die Situation von pflegenden Angehörigen und Pflegebedürftigen deutlich verbessern und fordert eine überwiegend steuerfinanzierte Pflegevollversicherung.

5. Armut allen Alters bekämpfen

Wie gedenkt Ihre Partei Armut allen Alters zu bekämpfen? Welche Vorschläge haben Sie spezifisch zur Bekämpfung von Kinder- und Altersarmut. Wie stehen Sie zu einer Neuberechnung der Regelsätze und Finanzierung von spezifischen Mehrbedarfen für Gesundheit, Mobilität und Barrierefreiheit?

Um Kinderarmut wirksam zu bekämpfen, setzen wir auf ein Paket aus Infrastrukturausbau und Weiterentwicklung von Geldleistungen. Für eine gezielte Förderung von Kitas in benachteiligten Lagen wollen wir ein Startchancenprogramm schaffen und das Startchancenprogramm an Schulen sukzessive ausbauen. Gemeinsam mit den Ländern wollen wir dafür sorgen, dass Kita-Kinder und Schüler*innen in ihren Bildungseinrichtungen auch ein gesundes und kostenloses Mittagessen erhalten. Familien mit einem eigenen niedrigen Lohneinkommen sollen in der Kombination von Kindergeld, Kinderzuschlag und Wohngeld nicht auf ergänzendes Bürgergeld angewiesen sein. Diese Leistungen haben wir deutlich angehoben. Sie sollen künftig noch besser als bisher zugänglich sein – durch eine zentrale Ansprechstelle und weitere Vereinfachungen der (digitalen) Beantragung. Fürs Alter setzen wir auf eine stabile Rentenhöhe und Lebensstandardsicherung durch die Sozialversicherung.

Wir stehen zu einem starken und gerechten Sozialstaat. Unser Staat unterstützt Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind. Deshalb stellen wir uns Armut in all ihren Facetten entgegen. Wir bekämpfen Kinderarmut und sorgen dafür, dass Pflege nicht zu einem Armutsrisiko wird. Unser Ziel ist, den Kinderfreibetrag in Richtung des Grundfreibetrags der Eltern zu entwickeln. Entsprechend heben wir auch das Kindergeld an, das künftig nach der Geburt automatisch ausgezahlt werden soll. Alleinerziehende wollen wir finanziell stärker unterstützen. Sie sind besonders armutsgefährdet, selbst wenn sie arbeiten. Deshalb erhöhen wir den steuerlichen Entlastungsbetrag. Um verdeckte Altersarmut effektiv zu bekämpfen, wollen wir die Zugänge zur Grundsicherung erleichtern, Informationsdefizite beseitigen und die Antragsverfahren vereinfachen.

Wer einen großen Teil seines Lebens gearbeitet, Kinder erzogen oder andere Menschen gepflegt hat, muss eine Rente erhalten, die oberhalb der Grundsicherung liegt. Die Grundrente wollen wir deshalb zu einer Garantierente nach 30 Versicherungsjahren weiterentwickeln. Und wir setzen uns für eine Reform des Verfahrens zur Regelbedarfsermittlung ein, auch mit dem Ziel einer besseren Abdeckung von Mehrbedarfen.

Durch die von uns angestoßene Debatte über Kinderarmut beantragen jetzt mehr Familien als bisher ihnen zustehende Leistungen. Nach wie vor leben jedoch zu viele Kinder in Armut. Daher arbeiten wir weiter daran, bestehende Leistungen zu bündeln und Antragsverfahren einfacher und bürger*innenfreundlicher zu gestalten. 

Wir Freie Demokraten setzen uns dafür ein, dass jemand der gearbeitet und vorgesorgt hat, immer mehr haben muss als die Grundsicherung. Deshalb treten wir für unser Konzept einer Basis-Rente ein. Mit der Einführung einer Aktienrente nach schwedischem Vorbild wollen wir darüber hinaus, dass fortan ein Teil der Rentenbeiträge in einem unabhängig verwalteten Fonds angelegt wird, sodass wir besser gegen die Risiken einer alternden Bevölkerung geschützt sind, die Rentenbeiträge finanzierbar bleiben und die Menschen stärker von den Chancen einer kapitalgedeckten Altersvorsorge profitieren. Die Höhe des Regelbedarfs der Sozialhilfe muss durch den Gesetzgeber neu ermittelt werden, sobald eine neue Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorliegt. Sie wird alle fünf Jahre durchgeführt.

Gegen Armut hilft Geld. Wir wollen eine sanktionsfreie individuelle Mindestsicherung oberhalb der Armutsrisikogrenze (aktuell 1.320 Euro monatlich). Gegen Altersarmut wollen wir eine »Solidarische Mindestrente« als Zuschlag auf die gesetzliche Rente bis zur Höhe der Armutsrisikogrenze. Gegen Kinderarmut wollen wir eine Kindergrundsicherung: Arme Kinder erhalten zusätzlich zum Kindergeld einen nach Alter gestaffelten „Kinderzuschlag“ von bis zu 379 Euro monatlich. Hinzu kommen anteilige Unterkunftskosten sowie einmalige Bedarfe. Die Regelsätze im SGBkurz fürSozialgesetzbuch II und SGBkurz fürSozialgesetzbuch XII decken nicht die existenzsichernden Mindestbedarfe. Wir wollen, dass die Regelsätze neu berechnet werden. Bis dahin fordern wir Sofortzuschläge von 150 Euro für Erwachsene und 100 Euro für Kinder.

Der wachsenden Altersarmut wollen wir mit einer umfassenden Rentenreform begegnen, die sich am österreichischen Rentenmodell orientiert (siehe unseren Antrag auf Bundestagsdrucksache 20/10735). Die Einführung einer gesetzlichen einheitlichen Rentenkasse für alle Erwerbstätigen – inklusive Selbstständige, Beamte usw. – schafft die Einnahmebasis für existenzsichernde Renten. Zudem fordern wir eine nach Beitragsjahren gestaffelte Mindestrente von 1.200 bis 1.500 Euro. Riskante Spekulationsmodelle wie die „Aktienrente“ lehnen wir ab!

Jedes fünfte Kind ist armutsgefährdet, Millionen von sozialer Ausgrenzung und Chancenungleichheit betroffen. Wir wollen u.a. ein Investitionsprogramm „Kinder und Bildung“ für Schulen, Kitas, Bildungs- und Freizeitangebote auflegen – auch um sozial benachteiligte Kinder zu fördern. Kinderarmut ist immer auch Elternarmut: Deshalb setzen wir uns u.a. für höhere Löhne (Mindestlohn von 15 Euro) und bessere soziale Absicherung bei Krankheit und Arbeitslosigkeit ein. Der Ausbau der Kinderbetreuungsinfrastruktur stärkt Alleinerziehende – v.a. Frauen – die und deren Kinder besonders armutsgefährdet sind. (

6. Wirksame Schritte zu mehr Barrierefreiheit und weniger Diskriminierung gehen

Welche Maßnahmen plant Ihre Partei, um ein wirksames Verbot der Benachteiligung von Menschen wegen Behinderung, Erkrankung oder Alters umzusetzen? Wie stehen Sie zur Verpflichtung privater Anbieter von Gütern und Dienstleistungen zur Barrierefreiheit, mindestens aber zu angemessenen Vorkehrungen?

Barrierefreiheit muss wie der Feuerschutz ein allgemeiner Standard werden – auch in der Privatwirtschaft. Nur so erreichen wir eine inklusive Gesellschaft. In dieser Legislaturperiode hatten wir uns vorgenommen, das Behindertengleichstellungsgesetz zu novellieren, konnten dies aber nicht umsetzen. Unser Ziel bleibt, einen individuellen Anspruch auf barrierefreien Zugang zu Gütern und Dienstleistungen zu schaffen. Statt pauschaler Regeln setzen wir auf passgenaue Lösungen für konkrete Situationen. Bleiben Barrieren bestehen, soll eine neutrale Schlichtungsstelle helfen. Scheitert diese, soll der Weg vor das Sozialgericht offenstehen. Zudem wollen wir den Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung stärken: Er soll früh in Gesetzesvorhaben eingebunden werden und bei möglichen Rechtsverstößen Stellungnahmen einfordern können.

CDUkurz fürChristlich Demokratische Union und CSUkurz fürChristlich-Soziale Union verschärfen das Strafrecht, um vor allem Frauen, ältere Menschen, Kinder, Menschen mit Behinderungen und andere besonders gefährdete Gruppen besser zu schützen. Wir stärken die Selbständigkeit, Eigenverantwortlichkeit und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Einen inklusiven Sozialraum und Barrierefreiheit sehen wir als Mehrwert für alle Generationen an. Wir werden privaten Rechtsträgern den gesamtgesellschaftlichen Nutzen von Barrierefreiheit deutlich machen. Dazu setzen wir auf finanzielle Anreize und Verpflichtungen mit Übergangsfristen bei gleichzeitiger Vermeidung von erheblichen Kosten. Die Maßnahmen müssen in der Praxis funktionieren und durchsetzbar sein.

Wir werden das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz so überarbeiten, dass es alle Menschen, die Diskriminierung erfahren, gleichermaßen wirksam schützt. Wir wollen, dass Beratungsstellen und Selbstorganisationen langfristig abgesichert und ausgebaut werden sowie die Antidiskriminierungsstelle des Bundes gestärkt wird. Barrierefreiheit soll endlich in allen Bereichen konsequent umgesetzt werden: Die Gebäude des Bundes wollen wir innerhalb von zehn Jahren barrierefrei machen. Auch Anbieter*innen öffentlich zugänglicher Angebote und Dienstleistungen sollen Vorkehrungen zur Barrierefreiheit treffen, wobei wir kleine Unternehmen mit einer Überforderungsklausel schützen und sie mit einem digitalen Barrierefreiheitstool unterstützen.Dort, wo Barrierefreiheit (noch) nicht möglich ist, sollen die Betreiber*innen ihre Angebote im Rahmen des Möglichen auf anderen Wegen zugänglich machen („angemessene Vorkehrungen“ treffen), etwa durch mobile Rampen oder Bring-Dienste. Beides hatten wir bereits für diese Wahlperiode vereinbart, konnten es aber nicht mehr umsetzen.

Deutschland hat sich international zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderungen verpflichtet. Der 1994 vorgenommenen Änderung des Artikels 3 des Grundgesetzes ist eine hohe Bedeutung zuzumessen. Die Grundgesetzänderung hat eine wichtige Strahlkraft, sowohl gesellschaftspolitisch als auch für die übrige Gesetzgebung. Wir Freien Demokraten setzen auf die wichtigen, bewährten Säulen der Teilhabe in Deutschland – etwa Werkstätten für Menschen mit Behinderungen, Inklusionsfirmen und ein auf individuelle Bedarfe zugeschnittenes Bildungssystem. Wir stehen zur Verpflichtung privater Anbieter von Gütern und Dienstleistungen zur Barrierefreiheit, mindestens aber zu angemessenen Vorkehrungen, sofern die wirtschaftliche Zumutbarkeit gewahrt ist oder auch eine eventuelle Duldungspflicht von Eigentümern mit deren wesentlichen eigenen Interessen in einer Balance stehen.

Die Linke will das Diskriminierungsverbot im Artikel 3 des Grundgesetzes um das Merkmal "Alter" ergänzen. Wir sehen es als längst überfällig an, dass auch die privaten Anbieter*innen von Gütern und Dienstleistungen dazu verpflichtet werden, Barrierefreiheit herzustellen. Wir fordern seit langem die umfassende Barrierefreiheit in allen gesellschaftlichen Bereichen. Wir wollen deshalb verbindliche Regelungen in das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGGkurz fürAllgemeines Gleichbehandlungsgesetz) und in das Behindertengleichstellungsgesetz (BGGkurz fürBehindertengleichstellungsgesetz) einfügen, mit denen private Anbieter*innen von öffentlich zugänglichen Gütern und Dienstleistungen zur Herstellung von Barrierefreiheit verpflichtet werden. Zudem wollen wir im AGGkurz fürAllgemeines Gleichbehandlungsgesetz ein Verbandsklagerecht.

Für das BSW ist klar: Benachteiligungen von Menschen aufgrund von Behinderung, Erkrankung, Alter oder anderer Eigenschaften darf es in Deutschland nicht geben. Auch die Barrierefreiheit wollen wir voranbringen. Nicht zuletzt aufgrund der vorgezogenen Neuwahlen haben wir als junge, ein Jahr alte, Partei hierzu noch keine detaillierten Positionen und Maßnahmen entwickeln können. (Unter anderem) In unseren „Expertenräten“ im Rahmen der Arbeit am Grundsatzprogramm für die Partei arbeiten wir weiter an der Qualifizierung unserer Positionen und Vorschläge – auch zu den erfragten Politikbereichen.

7. Barrierefreien und bezahlbaren Wohnraum schaffen

In Deutschland fehlen Millionen barrierefreier Wohnungen. Damit Menschen mit Behinderungen adäquaten Wohnraum finden, muss der gesamte Neubau im Mehrparteienwohnungsbau barrierefrei gestaltet werden. Welche Maßnahmen möchten Sie zur Schaffung von barrierefreiem und bezahlbarem Wohnraum ergreifen?

Um barrierefreien und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, setzen wir auf eine Kombination aus staatlicher Förderung, sozialer Bodenpolitik und Bürokratieabbau. Barrierefreiheit soll als Standard stärker in der Fördersystematik verankert werden, um generationengerechtes Wohnen zu fördern. Durch Investitionen in sozialen Wohnungsbau und serielle Bauweisen können Kosten gesenkt und Bauzeiten verkürzt werden. Der Bund unterstützt Kommunen durch Bodenfonds und stärkt ihr Vorkaufsrecht, um Bodenwertsteigerungen gemeinwohlorientiert zu nutzen. Zudem fördern wir staatliche und genossenschaftliche Wohnungsbauprojekte mit Eigenkapital aus dem Deutschlandfonds. Die Digitalisierung der Bauverwaltung und vereinfachte Baustandards beschleunigen Planungsprozesse. Mit einer unbefristeten Mietpreisbremse und mehr Transparenz bei Mieten schützen wir Mieter vor Überlastung. Barrierefreiheit und bezahlbarer Wohnraum bleiben staatliche Daueraufgaben, um allen Menschen ein würdiges Zuhause zu ermöglichen.

Die Landesbauordnungen sehen im Neubau - je nach Geschosszahl des Gebäudes - unterschiedliche Vorgaben zur Zahl der barrierefreien Wohnungen vor. Dennoch ist klar, dass der Bedarf viel größer ist, als das Angebot. Der größte Teil des Wohnungsbestandes stammt aus einer Zeit, wo das Thema Barrierefreiheit nicht im Vordergrund stand. Eine Umrüstung ist oft schwierig. Daher braucht es im Bestand entsprechende Förderprogramme, um bei anstehenden Gebäudesanierungen auch dieses Thema in den Blick zu nehmen. Das Thema Bezahlbarkeit betrifft alle Mietergruppen. Aus Sicht von CDUkurz fürChristlich Demokratische Union und CSUkurz fürChristlich-Soziale Union müssen wir daher vor allem die vorhandenen Baupotentiale (Neubau, Aufstockung, Umnutzung, Nachverdichtung) nutzen, um den Bedarf zu decken.

Wir werden die Mittel für sozialen Wohnungsbau erhöhen. So können auch mehr barrierefreie Wohnungen mit Mietpreisbindung finanziert werden. Darüber hinaus werden wir die Vorgabe für die Zahl barrierefreier Sozialwohnungen erhöhen. Wir werden aber allgemein private Anbieter*innen von Produkten und Dienstleistungen verpflichten, ihre Angebote nach Möglichkeit barrierefrei zu gestalten. Das betrifft auch Wohnungen.

Die FDPkurz fürFreie Demokratische Partei setzt auf schnelleres und einfacheres Bauen, um barrierefreien und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Wir wollen Bauvorschriften vereinfachen und somit Kosten senken. Statt pauschaler Vorgaben für komplette Gebäude brauchen wir flexible Lösungen – zum Beispiel barrierefreie Wohnungen insbesondere in den unteren Stockwerken, wo sie besonders nachgefragt sind. Durch serielle und modulare Bauweisen kann Barrierefreiheit schon bei der Produktion mitgedacht werden. Diese Potenziale können jedoch nur ausgeschöpft werden, wenn wir bundesweit einheitliche Standards schaffen. Zudem wollen wir die Kreditvergabe für Sanierungen erleichtern und durch steuerliche Anreize private Investitionen in barrierefreien Wohnraum attraktiver machen. Dabei denken wir über die einzelne Wohnung hinaus: Barrierefreies Wohnen bedeutet für uns auch gut erschlossene Quartiere mit kurzen Wegen zu Ärzten, Geschäften und anderen Angeboten des täglichen Bedarfs. Hier wollen wir durch intelligente Planung und Digitalisierung mehr Möglichkeiten für selbstbestimmtes Wohnen schaffen.

Die Linke will einen bundesweiten Mietendeckel: Die Mieten müssen begrenzt und in überhitzten Wohnungsmärkten abgesenkt werden. Für die kommenden 6 Jahre müssen Mieterhöhungen untersagt werden (Mietenstopp). Im Jahr 1990 gab es rund 2 Mio. Sozialwohnungen mehr als heute. Einmal geförderte Sozialwohnungen sollen dauerhaft in der Sozialbindung bleiben. Die Linke will eine Investitionsoffensive in gemeinnützigen Wohnraum starten und eine Quote für den (Um-)bau von barrierefreien Wohnungen einführen. Auch Wohnungskonzerne sollen eine Quote an barrierefreien Wohnungen erfüllen und können hierzu Förderungen in Anspruch nehmen, wenn sie sich zur Gemeinnützigkeit (u.a. bezahlbare Mieten) verpflichten.

Der Wohnungsnotstand auch bei barrierefreien Wohnungen ist eine Folge der jahrzehntelangen verfehlten Wohnungspolitik der vergangenen Regierungen, die den sozialen Wohnungsbau insgesamt und auch den Bau barrierefreier Wohnungen vernachlässigt hat. Das BSW will diese Fehlentwicklung stoppen und umkehren: Wir setzen sich für eine Wiedereinführung der Wohnungsgemeinnützigkeit ein und wollen ein 100 Milliarden-Programm zur Förderung des Wohnungsbaus auflegen. Dabei legen wir den Schwerpunkt auf den Neubau von Sozialwohnungen und preiswerten Wohnraum. Gemeinnützige und kommunale Wohnungsbaugesellschaften sollen über zinsgünstige Kredite und Investitionszuschüsse besonders gefördert werden. Durch die Förderung des Wohnungsbaus in öffentlicher Hand lassen sich sowohl dauerhafte Bindungsfristen im sozialen Wohnungsbau als auch höhere Anteile von barrierefreien Wohnungen im Baubestand umsetzen.

8. Ökologische Modernisierung sozial gerecht gestalten

Die Finanzierung der ökologischen Transformation erfordert im Verkehrs- und Gebäudesektor massive Investitionen – auch von Privatpersonen. Werden Sie sich für Förderprogramme einsetzen, die sozial gestaffelt sind, um allen Menschen eine klimafreundliche Transformation zu ermöglichen?

Ja. Wir als SPDkurz fürSozialdemokratische Partei Deutschlands kämpfen für einen Klimaschutz, den sich jeder leisten kann. Wir wollen einen Paradigmenwechsel in der Klimapolitik, der vor allem auf gemeinschaftliche Lösungen setzt: Klimaneutrale Wärmenetze zu bauen, mit denen ein ganzer Stadtteil warm wird, ist die solidarischste, effizienteste und kostengünstigste Lösung. Doch auch Wärmepumpen werden benötigt. Dabei wollen wir sozial gezielt fördern: Geld vom Staat bekommen vor allem diejenigen, die sich den Umstieg auf klimafreundliche Technologien wie eine Wärmepumpe oder ein E-Auto ansonsten nicht leisten können. Dann aber auch so viel, wie gebraucht wird.

Die aktuelle Förderkulisse muss überarbeitet werden. Die Förderbedingungen sind an zu strenge Voraussetzungen gebunden. D. h. viele Sanierungen unterbleiben im Hinblick auf die Gesamtkosten. Der Ansatz sollte daher sein, nicht wie bisher das maximal Wünschenswerte zu fördern, sondern das Machbare des jeweiligen Gebäudes. Darüber hinaus muss die Beantragung unbürokratischer gestaltet werden als bisher. Die bestehenden Förderprogramme, wie zum Beispiel die Zinsverbilligungsprogramme der KfWkurz fürKreditanstalt für Wiederaufbau, richten wir neu aus, indem wir die Einkommensgrenzen anheben und sie somit für mehr Menschen zugänglich machen.

Die ökologische Modernisierung wollen wir sozial gerecht gestalten. Sozial gerecht bedeutet für uns: Wer wenig verdient, bekommt mehr Förderung. Wir geben mit dem Gebäudeenergiegesetz und einer sozial gestaffelten Förderung von bis zu 70 Prozent für den Einbau von klimafreundlichen Heizungen die nötigen Mittel und Planungssicherheit. Diese Förderung wollen wir verstetigen und aufstocken. Wir geben ein Sicherheitsversprechen: Alle Menschen mit geringen und mittleren Einkommen bekommen den Großteil der CO2-Bepreisung als Klimageld zurück. Das Klimageld soll ohne Antrag auf das Konto eingehen. Im Verkehrsbereich wollen wir das Angebot des öffentlichen Nahverkehrs verbessern, sowohl in den ländlichen Regionen als auch in den Städten. Mit dem Deutschlandticket haben wir den Preis für Bus- und Bahnfahren massiv gesenkt, seinen Preis wollen wir günstig halten und die kostenlose Mitnahme von Kindern und Jugendlichen ermöglichen. Die Anschaffung von E-Autos wollen wir für Menschen mit kleinem Einkommen unterstützen.

Auch in den kommenden Jahren sind private Investitionen vor allem in energieeffizientes Bauen und energetische Sanierung sowie CO2-arme Transportmittel elementare Voraussetzung für das Gelingen der klimafreundlichen Transformation im Verkehrs- und Gebäudesektor. Anreize für Investitionen werden sowohl mit zahlreichen KfWkurz fürKreditanstalt für Wiederaufbau-Förderprogrammen als auch mit gezielten steuerlichen Entlastungen gesetzt, so dass alle Bürger von staatlicher Förderung profitieren können.

Ja, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit gehören untrennbar zusammen. Die Linke will Menschen mit kleinem und mittlerem Einkommen gezielt entlasten und vor Preisanstieg schützen: Wir wollen ein Klimageld von 320 Euro jährlich pro Person einführen. Für den durchschnittlichen Verbrauch von Strom und Heizenergie wollen wir preisgünstige Sockeltarife schaffen. Wer mehr verbraucht – und das sind die Reichen und Besserverdienenden –, zahlt mehr. Auch beim Heizungstausch wollen wir die Förderung für Zusatzkosten sozial staffeln. Wir stärken den Nahverkehr und wollen das 9-Euro-Ticket wieder einführen. Schüler*innen, Azubis, Studierende und Senior*innen fahren kostenlos – perspektivisch soll der ÖPNV für alle kostenfrei werden.

Die ökologische Transformation ist alternativlos – um den Klimawandel möglichst noch zu stoppen und die bereits sichtbaren Folgen einzudämmen. Dafür benötigen wir massive Investitionen. Leider hat die Politik der letzten Regierungen und insbesondere die der Ampel mit ideologiegetriebenen und undurchdachten, handwerklich schlechten Gesetzen und Initiativen der Akzeptanz für die ökologische Transformation schwer geschadet. Gesetze wie etwa zur CO2-Bepreisung oder das Heizungsgesetz, die ohne ausreichende soziale Abfederungsmechanismen vor allem die unteren und mittleren Einkommen belasten und klimapolitisch wenig positive Effekte haben, müssen daher gestoppt werden. Das BSW setzt sich aber für öffentliche Investitionsprogramme (auch) zur Förderung der klimafreundlichen Transformation ein, die erstens wirksam und zweitens sozial verträglich sind. Wohnen und Heizen darf nicht zum Luxus werden. Auch um derartige öffentliche Investitionen für eine sozialverträgliche ökologische Transformation finanzieren zu können, setzen wir uns für eine grundlegende Reform und perspektivisch die Abschaffung der Schuldenbremse ein.

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