Pflegegrad abgelehnt: Wie kann man einen Widerspruch einlegen?
Anträge auf Pflegegrade lehnen die Pflegekassen häufig ab. Doch dagegen kann man Widerspruch einlegen. Wie Sie als Pflegebedürftiger oder Angehöriger bei einem Widerspruch vorgehen sollten, lesen Sie in diesem Beitrag.
Pflegegrad falsch eingestuft: Was jetzt?
Pflegekassen entscheiden oft nicht so, wie Antragsteller auf einen Pflegegrad es sich wünschen: Manchmal erkennen die Kassen die Pflegebedürftigkeit gar nicht an und lehnen den Antrag auf einen Pflegegrad ab. Oder die Kassen weisen einem Antragsteller nicht den Pflegegrad zu, den dieser für sich oder für einen Familienangehörigen erreichen wollte. In solchen Fällen kann es helfen, gegen die Entscheidung der Pflegekasse Widerspruch einzulegen. Dabei sollte man aber einiges beachten.
Abgelehnter Antrag auf Pflegegrad: Wann muss man den Widerspruch formulieren?
Gegen einen ablehnenden Entscheid der Pflegekasse müssen Sie innerhalb eines Monats vorgehen. Wichtig ist dabei das Datum der Mitteilung.
Welche Form muss der Widerspruch haben?
Den Widerspruch müssen Sie schriftlich aufsetzen, Sie müssen ihn aber zunächst nicht begründen. Um die Frist von einem Monat zu wahren, reicht es erst einmal, wenn Sie der Pflegekasse ein Schreiben zu kommen lassen, in dem Sie mitteilen, dass Sie dem abschlägigen Entscheid widersprechen. So gewinnen Sie Zeit und können sich mit mehr Ruhe eine Begründung überlegen. Eine Begründung sollten Sie aber auf jeden Fall gegenüber der Pflegekasse abgeben.
Wer darf den Widerspruch formulieren?
Den Widerspruch darf nur ein bestimmter Personenkreis formulieren: Der Versicherte selbst, sein Bevollmächtigter, eine Pflegeperson oder der gesetzlich bestellte Betreuer des Versicherten.
Ablehnender Entscheid gegen Pflegegrad: Wer kann helfen und beraten?
Bevor Sie gegen einen ablehnenden Entscheid Ihres Antrags auf einen Pflegegrad oder gegen einen zu niedrigen Pflegegrad vorgehen, sollten Sie sich rechtlich beraten lassen. Beratung und Hilfe erhalten Externer Link:Mitglieder beim Sozialverband VdK. Der Verband führt für seine Mitglieder neben den Widerspruchs- auch die Klageverfahren durch.
Pflegekasse lehnt Antrag ab: Braucht man das Gutachten des MD für den Widerspruch?
Wer einen Widerspruch plant, sollte sich das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDKkurz fürMedizinischer Dienst der Krankenversicherung), der Sie oder Ihren Angehörigen vor Ort angeschaut hat, ansehen. Bei gesetzlich Versicherten erstellt der MDKkurz fürMedizinischer Dienst der Krankenversicherung das Gutachten, bei privat Versicherten ist es MEDICPROOF. Sollte die Pflegekasse Ihnen das Gutachten nicht zusammen mit dem ablehnenden Entscheid geschickt haben, fordern Sie es bei der Kasse an. Liegt Ihnen das Gutachten vor, prüfen Sie es auf seine inhaltliche Richtigkeit.
Wie sollte man den Widerspruch an die Pflegekasse schicken?
Den Widerspruch schicken Sie am besten in schriftlicher Form per Einschreiben mit Rückschein an die Pflegekasse. Sie können ihn auch faxen, sollten dann aber den Sendebericht gut aufbewahren. Den Widerspruch kann man auch persönlich in der für Sie zuständigen Pflegekasse abgeben. In diesem Fall sollten Sie sich quittieren lassen, dass Sie das Dokument abgegeben haben.
Wie sollte man den Widerspruch begründen?
Wichtig ist, dass Sie den Widerspruch sorgfältig formulieren und sich davor überlegen, ob der ablehnende Entscheid inhaltliche Fehler enthält. Könnte es zum Beispiel sein, dass nicht alle wichtigen Sachverhalte erfasst, Punkte falsch gewichtet oder addiert sind? Hat der Gutachter den Grad der Selbstständigkeit in den einzelnen Modulen vielleicht falsch berechnet? Überlegen sollten Sie auch, ob Sie Ihrem Antrag tatsächlich alle wichtigen Dokumente wie Medikamentenplan, Arztberichte oder Krankenhausberichte beigefügt haben. Wenn Sie ein Pflegetagebuch führen, fügen Sie es den Unterlagen für den Widerspruch bei.
Wie prüft die Pflegekasse den Widerspruch?
Wenn die Pflegekasse Ihren Widerspruch und die Unterlagen erhalten hat, prüft sie die Dokumente und erstellt ein Zweitgutachten. Dafür genügen der Pflegekasse manchmal die Unterlagen, die Sie dem Widerspruch beigefügt haben, und sie entscheidet „nach Aktenlage“. Sehr häufig aber setzt die Pflegekasse für das Zweitgutachten eine Wiederholungsbegutachtung an. Dann erhalten Sie oder Ihr Verwandter wieder Besuch vom MDKkurz fürMedizinischer Dienst der Krankenversicherung (bei gesetzlich Versicherten) oder von MEDICPROOF (bei privat Versicherten).
Auch zum zweiten Termin sollten Sie alle Unterlagen bereithalten, die Ihre Pflegebedürftigkeit oder die Ihres Verwandten belegen könnten. So kann sich der Gutachter ein umfassendes Bild über die Situation machen.
Wann muss die Pflegekasse über den Widerspruch entscheiden?
Wann die Pflegekasse über Ihren Widerspruch entschieden haben muss, ist nicht klar geregelt. Das entsprechende Sozialgesetzbuch spricht von zeitnaher Bearbeitung.
Pflegekasse und Zweitgutachten: Wie geht es weiter?
Wenn die Pflegekasse Ihrem Widerspruch folgt, erhalten Sie oder Ihr pflegebedürftiges Familienmitglied die sogenannte Abhilfe, also einen positiven Bescheid. Demgegenüber erhalten Sie einen Widerspruchsbescheid, wenn die Pflegekasse bei ihrer Ablehnung bleibt.
In diesem Fall können Sie eine Klage vor einem Sozialgericht anstrengen. Für die Initiierung eines solches Verfahrens haben Sie wiederum einen Monat Zeit, wichtig ist auch hier das Datum, an dem der Widerspruchsbescheid erstellt wurde. Für die meisten Klagenden sind sozialgerichtliche Verfahren kostenlos.