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Wer zu Hause pflegt, tritt beruflich oft kürzer

Von: Jörg Ciszewski

Pflegenden Angehörigen fehlt oft die Zeit, einer vollen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Laut Umfrage des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdOkurz fürWissenschaftliches Institut der AOK) hat die zeitliche Belastung durch die häusliche Pflege zugenommen. Mit weitreichenden Folgen.

Eine junge Frau mit steht neben einem Senior, der in einem Sessel sitzt und Saft aus einem Glas trinkt. Sie hält ein Medikamentenröhrchen in der Hand.
© IMAGO / Westend61

49 Stunden pro Woche für die Angehörigenpflege

Eine aktuelle Externer Link:Umfrage des Wissenschaftlichen Instituts der AOK hat ergeben, dass pflegende Angehörige im Schnitt 49 Stunden in der Woche für die Versorgung ihrer Nächsten aufwenden. Bei der Befragung der AOK im Jahr 2019 waren es im Schnitt 43 Stunden.

Dieser hohe zeitliche Aufwand schlägt sich auf die Berufstätigkeit nieder: Mehr als jede vierte befragte Hauptpflegeperson im Alter zwischen 18 und 65 Jahren gibt an, die Erwerbstätigkeit aufgrund der Externer Link:häuslichen Pflege reduziert oder sogar ganz aufgegeben zu haben.

Lediglich 46 Prozent der pflegenden Angehörigen im erwerbsfähigen Alter arbeiten demnach in Vollzeit. Von denen, die in Teilzeit arbeiten (37 Prozent), gibt rund die Hälfte (52 Prozent) an, dass sie ihre Arbeitszeit wegen der Pflege reduziert haben. 18 Prozent der Befragten sind nicht berufstätig. Davon wiederum haben 28 Prozent die Arbeit aufgrund der Pflege aufgegeben.

Für die Externer Link:Studie hatte das Institut Forsa im Auftrag des Wissenschaftlichen Instituts der AOK 1000 Hauptpflegepersonen im August und September 2023 befragt.

Ergebnisse der VdK-Studie bestätigt

Im Wesentlichen bestätigt die AOK-Studie in diesen Punkten das, was die Externer Link:große VdK-Pflegestudie im Jahr 2022 ergeben hat. Von den damals rund 56.000 befragten Personen gaben fast die Hälfte (49 Prozent) an, dass sie ihre Arbeitszeit aufgrund der Pflege reduzieren mussten. Davon kürzten 48 Prozent den Arbeitsumfang sogar um die Hälfte und mehr. Sechs Prozent äußerten, den Job wegen der häuslichen Pflege ganz aufgegeben zu haben.

Deutlich wurde bei der Externer Link:VdK-Umfrage, wie hart die finanziellen Einschnitte für Betroffene sind. Demzufolge verzeichneten 42 Prozent derjenigen, die ihren Arbeitsumfang reduzierten, einen Verdienstausfall von monatlich bis zu 500 Euro. 30 Prozent verzichteten sogar auf 1000 Euro im Monat. Die Konsequenzen: Die Armutsgefährdungsquote liegt unter pflegenden Angehörigen bei 20 Prozent und somit vier Prozent höher als in der Gesamtbevölkerung. Das hatte die VdK-Studie ergeben.

Unter den Frauen, die Angehörige pflegen, ist sogar jede vierte armutsgefährdet. Die Externer Link:VdK-Studie kommt wie die Umfrage der AOK zu dem Schluss, dass der weit überwiegende Teil der Hauptpflege-personen weiblich ist. Er lag bei der VdK-Umfrage bei 72 Prozent.

Mit einem gesonderten Fragenkatalog ermittelte die AOK-Studie zudem, wie erschöpft, unzufrieden oder psychisch belastet Pflegende sich fühlen. 26 Prozent der Befragten verspüren demzufolge eine hohe mentale Belastung. Das gilt in einem besonderen Maß für Pflegepersonen, die Menschen mit einer Demenzerkrankung oder einem Pflegegrad ab 3 betreuen.

Ein weiteres Ergebnis der AOK-Umfrage ist, dass Entlastungsangebote und Unterstützungsleistungen für die bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zu wenig genutzt werden. Das hatte auch die VdK-Studie ergeben.

VdK-Pflegestudie

76 Prozent der Pflege in Deutschland finden zu Hause statt. Lange war kaum erforscht, wie der Alltag dort abläuft, wo es Defizite gibt, wie es den Betroffenen geht. Deshalb hatte der VdK in 2021 selbst eine pflegewissenschaftliche Studie in Auftrag gegeben. Knapp 54.000 Menschen haben sich beteiligt.

VdK fordert: Eckpunktepapier für Lohnersatzleistung vorlegen!

Um dem Armutsrisiko von Pflegepersonen zu begegnen, hat der Sozialverband VdK klare politische Forderungen. „Wir appellieren dringend an die Regierung, pflegende Angehörige endlich finanziell besser abzusichern und somit das Armutsrisiko zu bekämpfen“, sagt VdK-Präsidentin Verena Bentele. „Im Koalitionsvertrag ist eine Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige als Vorhaben der Ampelregierung genannt. Wir erwarten, dass die Regierung endlich ein Eckpunktepapier dazu vorlegt.“

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