Weltpremiere mit Prothese: John McFall wird erster Para-Astronaut der Geschichte
In den kommenden Jahren soll erstmals ein Mensch mit Behinderung ins Weltall fliegen. Die Europäische Weltraumorganisation ESA nahm den Briten John McFall, der eine Beinprothese trägt, ins Astronautenteam auf.

Glücklich und stolz
Dass er nun der erste Astronaut der Welt mit einer Behinderung ist, mache ihn „mächtig stolz“
, sagt der 43-jährige John McFall nach seiner Berufung. Er fügt jedoch gleich mit britischem Understatement hinzu, dass er in dem Prüfverfahren „relativ passiv“
gewesen sei. „Ich musste nur gesund sein und zeigen, dass ich es kann.“
Gleichzeitig betont der Engländer, dass er „glücklich“
ist, die Kriterien zu erfüllen, und sich nie hätte träumen lassen, einmal Astronaut zu werden.
Wie für jeden anderen Bewerber war es natürlich auch für ihn alles andere als einfach, ins Astronautenteam der ESA aufgenommen zu werden. So muss JohnMcFall nicht nur überdurchschnittlich sportlich und fit sein, sondern sich auch extremen Prüfungen unterziehen. Teilweise trug er dabei seine Prothese, teilweise nicht.
Chirurg, Parasportler, Familienvater
Mit 19 Jahren hatte der Engländer einen schweren Motorradunfall. Er verletzte sich so schwer am rechten Bein, dass dieses oberhalb des Knies amputiert werden musste. Er bekam eine Prothese und lernte nicht nur, damit zu gehen. Er begann auch eine Karriere als Para-Leichtathlet und wurde in kurzer Zeit einer der besten Prothesenläufer der Welt. Gleich zu Beginn seiner Laufbahn gewann er bei den Leichtathletik-Europameisterschaften Bronze über 200 Meter. Ein Jahr später folgte WM-Silber über 100 Meter und Bronze über 200 Meter, und 2008 errang er bei den Paralympischen Sommerspielen in Peking Bronze über die 100 Meter. Später wurde er Botschafter der Paralympics 2012 in London.
Parallel zur Sportlerkarriere studierte er Medizin, arbeitete als Chirurg, Orthopäde und Traumaspezialist an Kliniken in Wales und England, machte seinen Doktortitel, wurde Facharzt für Traumatologie und Orthopädie und gehört dem „Royal College of Surgeons“, dem Berufsverband der Chirurgen in England und Wales, an. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.
Prothese geeignet für den Weltraumflug
John McFall war schon „immer neugierig, wie bestimmte Dinge funktionieren“
, und lernt gerne etwas Neues, sagt er. So hörte er mit großem Interesse von der Ausschreibung der ESA im Frühjahr 2021. Damals suchte die Weltraumbehörde erstmals auch Menschen mit Behinderung, die sich für eine Ausbildung zur Astronautin oder zum Astronauten interessierten.
McFall bewarb sich, wurde 2022 ausgewählt und absolvierte die ESA-Machbarkeitsstudie „Fly!“ – und das mit Erfolg. Dabei wurde auch seine Prothese ausgiebig geprüft, ob sie für einen Weltraumflug geeignet ist. Der deutsche Hersteller begleitete das Verfahren, entwickelte McFalls Prothese entsprechend weiter und ist nun gespannt, wann er ins All starten wird.

Historischer Moment
Daniel Neuenschwander, ESA-Direktor für astronautische und robotische Exploration, kann bisher noch kein Datum nennen, spricht jedoch von einem „historischen Moment“
. Erstmals gehört ein Mensch mit Behinderung zum Astronautenteam. John McFall ist nun in derselben Position wie alle anderen Teammitglieder auch und muss sich für einen Einsatz bewähren.
Es sei das Ziel, dass der Brite, wie alle anderen auch, in den kommenden Jahren in den Weltraum startet, betont Neuenschwander. Die Internationale Weltraumstation ISS soll noch bis 2030 in Betrieb sein, und bis dahin soll es eine Mission geben, zu der McFall gehören wird.
Der Brite blickt positiv auf das Auswahlverfahren zurück: „Ich habe es nie als seltsam empfunden, als Testperson beteiligt zu sein“
, erzählt er. „Ich war sehr zuversichtlich, dass ich mein Fachwissen und meine Kenntnisse einbringen kann.“
Die Prothese wird bei seiner Mission auf jeden Fall wichtig sein, wie er dem Magazin „GEO“ erklärte: „Die Astronauten und Astronautinnen benutzen ihre Beine für vieles. Sie verankern sich etwa mit dem Fuß, während sie Experimente durchführen oder sich die Zähne putzen.“
McFall wird bei seiner Mission nicht alles machen können, voraussichtlich auch keinen Weltraumspaziergang. Als Astronaut bringt er die Inklusion aber auf jeden Fall voran.