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Wann zahlen Senioren an den Fiskus?

Von: Kristin Enge

Einige Rentnerinnen und Rentner müssen beim Finanzamt eine Steuererklärung abgeben. Was dabei wichtig ist, erklärt Rudolf Gramlich, Steuerexperte vom Lohnsteuerhilfeverein Steuerring, im Interview.

Steuererklärung der Renteneinkünfte: Figuren eines Rentnerehepaares sitzen auf einer Bank vor dem Formular - Anlage R -
© IMAGO / Steinach

Wann ist eine Steuererklärung für Rentnerinnen und Rentner Pflicht?

Rudolf Gramlich: Eine Abgabepflicht besteht immer dann, wenn die gesamten Einkünfte höher sind als der Grundfreibetrag. Dieser liegt für das Jahr 2022 bei 10 347 Euro. Das bedeutet aber nicht, dass dann unbedingt auch Steuern gezahlt werden müssen, denn vom Einkommen werden erst die gesamten Sonderausgaben abgezogen. Das sind zum Beispiel Kosten für Kranken-, Pflege-, Unfall- und Haftpflichtversicherung. Dann werden die außergewöhnlichen Belastungen, wie Pauschbeträge für Menschen mit Behinderung, die behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale, Krankheits- und Pflegekosten, abgezogen. Für Handwerkerleistungen kann eine unmittelbare Steuerermäßigung von 20 Prozent des Arbeitslohns gewährt werden.

Was muss dabei beachtet werden?

Rudolf Gramlich: Die Renteneinnahmen werden von den Rentenversicherungsträgern elektronisch an das Finanzamt gemeldet. Von den Sonderausgaben werden aber nur die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung der Basisversorgung übermittelt, alle anderen Abzugsbeträge müssen selbst in die Steuererklärung eingetragen werden. Dazu gehören auch Beiträge zu einer zusätzlichen Krankenversicherung, die Wahlleistungen abdeckt, etwa für Zahnarztkosten, Brillen oder Krankenhausaufenthalte.

Welche Einkünfte zählen für das Finanzamt?

Rudolf Gramlich: Das sind zunächst die Einkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung und Vergleichbares. Sie werden mit einem Besteuerungsanteil erfasst, dessen Höhe vom Jahr des Rentenbeginns abhängt. Für alle, die 2022 neu in Rente gingen, beträgt dieser 82 Prozent. Steuerpflichtig sind dann 82 Prozent des Bruttobetrags der Rente, während 18 Prozent den steuerfreien Anteil bilden. Eine Rentenerhöhung geht immer in vollem Umfang in den steuerpflichtigen Anteil ein. Auch Zusatzrenten aufgrund einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst, private Renten, Riester-Renten oder Betriebsrenten werden erfasst. Zudem müssen zusätzliche Mieteinkünfte erklärt werden. Bei Einkünften aus Kapitalvermögen überprüft das Finanzamt, ob es gezahlte Kapitalertragsteuer ganz oder teilweise erstatten kann.

Was hat sich für das Steuerjahr 2022 geändert?

Rudolf Gramlich: Die Erhöhung des Grundfreibetrags auf 10 347 Euro im Jahr 2022 habe ich bereits genannt. Zudem wurde die Rente im Jahr 2022 im Westen um 5,32 Prozent und im Osten um 6,12 Prozent erhöht.

Wie sieht es mit der Energiepreispauschale aus?

Rudolf Gramlich: Die steuerpflichtige Energiepreispauschale von 300 Euro muss in der Steuererklärung nicht angegeben werden, weil die Vordrucke einen Eintrag nicht vorsehen. Da sie elektronisch gemeldet wurde, wird sie „von Amts wegen“ berücksichtigt. Im Bruttorentenbetrag einer Rentenbezugsmitteilung ist sie nicht enthalten. Dieser Betrag darf nicht um 300 Euro erhöht werden.

Der Bundesfinanzhof hat zwei Urteile zur Doppelbesteuerung gefällt. Wirkt sich dies schon aus?

Rudolf Gramlich: Gegen beide Urteile wurde Verfassungsbeschwerde eingelegt. Daraufhin hat das Bundesfinanzministerium festgelegt, dass die Steuerbescheide mit Renteneinkünften wegen einer möglichen Doppelbesteuerung vorläufig gelten. Daher muss zurzeit gegen eingehende Steuerbescheide nichts unternommen werden. Allerdings sollten alle Unterlagen, vor allem die Steuerbescheide der Jahre mit Berufstätigkeit, aufbewahrt werden. Rentner müssen nach endgültiger Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nachweisen, dass sie von einer Doppelbesteuerung betroffen sind.

Was passiert, wenn man die Abgabepflicht missachtet?

Rudolf Gramlich: Auch Rentner können nicht warten, bis sie vom Finanzamt auf die Abgabepflicht hingewiesen werden. Bei einer Nichtabgabe können Zwangsgelder und Verspätungszuschläge festgesetzt werden. Außerdem kann das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen schätzen. Dies wirkt sich in den meisten Fällen nachteilig aus.