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Vorteile der hausarztzentrierten Versorgung für chronisch kranke Menschen

Chronisch kranke Menschen können in der sogenannten Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) besser betreut werden. Was man genau unter diesem Modell versteht, erklären in einem Interview mit der VdK-Zeitung Dr. Dr. Markus Beier, Bundesvorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, und Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth, erste stellvertretende Bundesvorsitzende.

Ärztin misst Blutdruck bei liegender Patientin
© IMAGO / Westend61

Interview mit den Vorsitzenden des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes zur Hausarztzentrierten Versorgung

Welche Vorteile hat das Modell der Hausarztzentrierten Versorgung?

Markus Beier: Ganz klar eine engere Bindung zwischen Arzt und Patient und damit einhergehend eine höhere Versorgungsqualität. An der HZV teilzunehmen, ist ja zunächst einmal ein klares „Ja“ von Hausarzt und Patient, die Versorgung gemeinsam zu gestalten. Heißt: Nicht nur der Versicherte entscheidet sich freiwillig dafür, seine Hausarztpraxis bei gesundheitlichen Beschwerden immer zuerst aufzusuchen, auch der behandelnde Hausarzt verpflichtet sich, die Rolle als erste Ansprechperson voll auszufüllen und bestimmte Voraussetzungen, etwa hinsichtlich seiner Qualifikationen, zu erfüllen. Das bringt uns auch schon zum zweiten genannten Vorteil: Die Versorgungsqualität ist in der HZV nachweislich deutlich höher als in der regulären Versorgung.

Was bedeutet das speziell für chronisch kranke Menschen?

Nicola Buhlinger-Göpfarth: Gerade chronisch erkrankte Patienten profitieren besonders von einer HZV-Teilnahme. Für sie ist eine strukturierte und kontinuierliche Versorgung, die alles im Blick behält, ja besonders relevant. Wenn ich beispielsweise an einer schweren Stoffwechsel- oder Herz-Kreislauf-Erkrankung leide, könnten sich Versorgungs- oder Wissenslücken besonders fatal auswirken. Da ist die koordinierte Zusammenarbeit der Hausarztpraxis mit fachärztlichen Kollegen und anderen Gesundheitsberufen essenziell.

Vereinfacht gesagt: In der HZV ist der Patient eben nicht alleine in unserem viel zu komplexen Gesundheitssystem, er hat die Hausarztpraxis immer an seiner Seite – und sichert sich, indem er sie durch seine Teilnahme zukunftsfest macht, seine wohnortnahe regionale Versorgung. Und die Praxis weiß wiederum durch die HZV genau, für wessen Versorgung sie verantwortlich ist, und kann noch zielgenauer schauen, wann eine Untersuchung, eine Impfung, eine Vorsorge ansteht. Das zeigt sich dann eben auch nachweislich in der Qualität der Versorgung.

Inwiefern?

Nicola Buhlinger-Göpfarth: Die HZV wird ja seit zehn Jahren kontinuierlich durch Evaluationen der Universitäten in Heidelberg und Frankfurt am Main begleitet. Und die Ergebnisse zeigen ganz klar, dass chronisch Erkrankte in der HZV deutlich weniger schwerwiegende Komplikationen und sogar eine längere Lebenserwartung haben. Um es an einem Beispiel festzumachen: Bei 119.000 teilnehmenden Diabetikerinnen und Diabetikern in Baden-Württemberg konnten, laut Hochrechnungen, in zehn Jahren über 11.000 schwerwiegende Komplikationen, wie etwa Erblindungen oder Schlaganfälle, vermieden werden. Zudem zeigte sich in der HZV im Rahmen des Facharztprogramms, dass Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz oder koronarer Herzkrankheit länger leben als in der Regelversorgung.

Was sind die qualitativen Anforderungen an die teilnehmenden Praxen?

Markus Beier: Teilnehmende Haus­­­ärzte müssen beispielsweise bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Dazu gehört auch der regelmäßige Austausch in Qualitätszirkeln. Ein gutes Beispiel ist hier die Arzneimitteltherapie. Das ist gerade für die Patienten wichtig, die an mehreren Erkrankungen leiden, denn sie sind besonders abhängig von einer gut strukturierten Arzneimittelversorgung – schließlich sind Wechselwirkungen von Medikamenten eines der großen Probleme in unserem Gesundheitswesen. Auch beim Thema Impfungen sprechen die Zahlen eine klare Sprache: Eine aktuelle Erhebung hat eine über zehn Prozent höhere Impfquote in der HZV nachgewiesen.

Wie sieht es mit der Verpflichtung und Bereitschaft zu Hausbesuchen aus?

Markus Beier: Die Verpflichtung zum Hausbesuch gilt zunächst ja ganz unabhängig von einer Teilnahme an der Hausarztzentrierten Versorgung. Da in der HZV die Hausarztpraxen aber deutlich fairer für ihre Arbeit vergütet werden, können sie sich für einen Hausbesuch viel eher Zeit nehmen. Hinzu kommt, dass in der HZV Hausbesuche durch speziell weitergebildetes medizinisches Personal gefördert werden.

Hausarztzentrierte Versorgung in Deutschland

In Deutschland nehmen rund 16.000 Hausärztinnen und Hausärzte an der Hausarztzentrierten Versorgung teil. 

Fragen Sie in Ihrer Hausarztpraxis, ob diese auch an der HZV teilnimmt. Aktuell ist der Deckungsgrad je nach Bundesland unterschiedlich. Deshalb ist es in manchen Regionen leichter als in anderen, eine teilnehmende Hausarztpraxis zu finden.

Bei Fragen zu den Rahmenbedingungen einer Teilnahme (Voraussetzungen, Kündigungsfristen) können Sie sich an das HZV-Team wenden:

Telefon: (02203) 57 56 12 14

Externer Link:info@mein-hausarztprogramm.de