Kategorie Erfolgsgeschichte Pflege Pflegeversicherung

VdK erkämpft für Seniorin Pflegegrad 2

Von: Elisabeth Antritter

76-Jährige hatte trotz starker motorischer Einschränkungen zunächst null Punkte in der Begutachtung bekommen

Eine Seniorin hält die Griffe eines Rollators.
Das 76-Jährige VdK-Mitglied ist unter anderem in seiner Mobilität stark eingeschränkt (Symbolfoto). Hinzu kommen weitere Einschränkungen. Dennoch wollte die Pflegekasse keinen Pflegegrad bewilligen. © IMAGO / Westend61

Der Beratungsfall

VdK-Mitglied Berta Huber (Name von der Redaktion geändert) kann sich zu Hause nicht mehr selbst versorgen. Der VdK rät der Seniorin, einen Pflegegrad zu beantragen. Doch selbst nach zweimaliger Begutachtung durch den Medizinischen Dienst kommt die Pflegekasse zu dem Schluss, dass die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt sind. Der VdK nimmt dies nicht hin und legt für das Mitglied Widerspruch ein – mit Erfolg.

Unterstützung in mehreren Bereichen notwendig

Berta Huber braucht zu Hause Unterstützung. Sie leidet an Skoliose, einer starken Verkrümmung der Wirbelsäule. So kann die 76-Jährige nicht allein in die Badewanne steigen, um zu duschen. Körperpflege und Haarwäsche verrichtet sie am Waschbecken. Die Erkrankung der Wirbelsäule führt zudem zu Problemen bei der Flüssigkeitsaufnahme. Sie kann ihren Kopf nicht richtig zurücklegen, was zu Schluckproblemen führt. 

Wegen Arthrose in den Fingergelenken ist darüber hinaus die Feinmotorik beeinträchtigt. Dies hat beispielsweise zur Folge, dass Berta Huber Probleme beim Essen und Trinken hat: Besteck, Tasse oder Glas fallen ihr immer wieder aus den Händen. Auch Getränke einzugießen macht Schwierigkeiten. Die Schwerbehinderte soll zur Stabilisierung, Aufrichtung und Entlastung der Wirbelsäule eine Rückenorthese tragen. Doch es ist ihr kaum möglich, diese allein an- und auszuziehen. Außerdem kann sie keine Kleidungsstücke zuknöpfen.

Die Mobilität ist ebenfalls eingeschränkt: Wenn sich Berta Huber in ihrer Wohnung fortbewegen möchte, stützt sie sich auf einen Gehstock, muss sich aber zusätzlich Halt an Wänden und Möbeln suchen. Bei Erledigungen außer Haus steht ihr zwar ein Rollator zur Verfügung. Mit diesem kommt sie jedoch nur sehr schwer vorwärts. Für Termine wie Arztbesuche oder Physiotherapie muss sie sich ein Taxi rufen.

Das VdK-Mitglied hat sich im vergangenen Sommer an die zuständige Externer Link:VdK-Kreisgeschäftsstelle in Coburg gewandt und die schwierige Situation geschildert. 
 

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Nach Begutachtung: Pflegegrad abgelehnt

VdK-Sozialrechtsberaterin Svetlana Meisner bemerkt die Verzweiflung der Oberfränkin und stellt auch psychische Belastungen bei ihr fest: „Sie hat enorme Zukunftsängste und weiß nicht, wie sie den nächsten Tag überstehen soll.“ 

Die Expertin rät ihr dazu, einen Pflegegrad zu beantragen. Den Antrag stellt das Mitglied am 5. Juli 2024. Nach einer persönlichen Pflegebegutachtung durch den Medizinischen Dienst (MDkurz fürMedizinischer Dienst) wird dieser jedoch abgelehnt. Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass Berta Hubers Einschränkungen einen Pflegegrad nicht rechtfertigten und sie daher keinen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung habe. 

Der Gesamtwert der Pflegebegutachtung beträgt 0,0 Punkte. Von diesem Ergebnis ist Berta Huber sehr enttäuscht.

Widerspruch mithilfe des VdK erfolgreich

Gemeinsam mit dem VdK legt die 76-Jährige Widerspruch ein. Mitte September 2024 erfolgt eine zweite Begutachtung durch den MDkurz fürMedizinischer Dienst – dieses Mal nach Aktenlage. Es werden dabei zwar 10,0 Punkte festgestellt, doch für Pflegegrad 1 sind 12,5 Punkte nötig.

Die VdK-Expertin versucht, ihr Mitglied zu beruhigen: „Wichtig ist, dass wir jetzt nicht lockerlassen und uns weiter wehren.“ Berta Huber teilt der Pflegekasse mit, dass sie nicht bereit ist, den Widerspruch zurückzunehmen, und regt noch einmal eine persönliche Begutachtung an. Daraufhin kommt eine andere Pflegefachkraft des MDkurz fürMedizinischer Dienst zu Berta Huber nach Hause. Diese kommt in ihrer Bewertung, die sich vor allem auf die Selbstversorgung bezieht, auf insgesamt 36,25 Punkte. „Das ist ein sehr guter Wert und rechtfertigt sogar Pflegegrad 2“, kommentiert Sozialrechtsberaterin Meisner.

Auch das VdK-Mitglied ist erleichtert, als die Pflegekasse schließlich einlenkt. Anfang November erkennt diese Pflegegrad 2 bei ihrer Versicherten an. Die 76-Jährige ist dem VdK sehr dankbar für die erfolgreiche sozialrechtliche Unterstützung.

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