VdK erkämpft Cannabis-Therapie für Mitglied
Eine 55-Jährige leidet an seltener Erkrankung des zentralen Nervensystems. Behandlungen und Medikamente schlugen nicht an. Der VdK setzte für sie die Kostenübernahme für ein Cannabis-Präparat durch, das ihre Symptome verbessert.
Krankheit beherrscht den Alltag
Viele Menschen, die eine seltene Erkrankung haben, müssen um deren Anerkennung und eine geeignete Behandlung kämpfen. Ärztinnen und Ärzte, Kassen oder Ämter machen ihnen oft das Leben schwer, weil sie kaum Erfahrung mit der Krankheit haben – und im Zweifel ablehnen. Tanja Groß, die das seltene Stiff-Person-Syndrom hat, kennt das. Deshalb ist sie froh, dass der VdK Hessen-Thüringen immer an ihrer Seite war, um für ihre Ansprüche zu kämpfen.
Tanja Groß hat ständig Muskelkrämpfe in den Armen und Beinen und Schmerzen im Rücken. Tagsüber hat sie Probleme, sich zu bewegen, und leidet unter Angstattacken. Nachts kann sie nicht schlafen. Und wenn sie einmal Ruhe gefunden hat, kann es sein, dass ein schmerzhafter Krampf sie aus dem Schlaf reißt. Die Krankheit beherrscht ihren Alltag. Anziehen, duschen, staubsaugen, Auto fahren – alles fällt ihr schwer.
Diagnose erst nach Jahren
Im Jahr 2015 hatten die Leiden begonnen. Über Jahre rätselten die Ärztinnen und Ärzte über die Ursache. „Einige wollten mich schon in die psychische Schublade stecken“, sagt sie.
Drei Jahre später wurde dann die sehr seltene Autoimmunerkrankung Stiff-Person-Syndrom diagnostiziert. Seitdem hat die 55-Jährige viele Medikamente und Therapien verschrieben bekommen, ohne durchschlagenden Erfolg.
Die unheilbare Krankheit, die das zentrale Nervensystem angreift, ist noch nicht gut erforscht. Laut Deutscher Hirnstiftung kommt es pro Jahr zu etwa einer Neuerkrankung auf eine Million Menschen. Bei Tanja Groß ist die Muskulatur schon stark geschwächt. Sie schafft noch gut 500 Meter zu Fuß, dann muss sie sich ausruhen. „Irgendwann werde ich im Rollstuhl sitzen“, sagt sie.
Halt gibt ihr die Online-Selbsthilfegruppe „Wenn Du eine von einer Million bist“, wo sie sich mit Menschen austauschen kann, die das Stiff-Person-Syndrom haben.
Im Stich gelassen von Ärzten und Krankenkasse
Im Stich gelassen fühlte sie sich hingegen oft von Ärztinnen und Ärzten, Krankenkasse oder Versorgungsamt, weil ihr Leiden dort falsch eingeschätzt und ihr Leistungen verwehrt wurden. Vieles musste sie deshalb mit dem VdK Hessen-Thüringen an ihrer Seite in Widerspruchsverfahren erstreiten.
Schon vor drei Jahren setzte sich der VdK mit der Hessischen Versorgungsverwaltung wegen der Feststellung ihrer Schwerbehinderung auseinander. Das Stiff-Person-Syndrom steht nicht in der Versorgungsmedizin-Verordnung, darum tat sich das Amt mit einer Bewertung schwer. Zweimal musste der VdK Widerspruch gegen Ablehnungen einlegen, bis 2021 ein Grad der Behinderung von 60 und das Merkzeichen „G“ zuerkannt wurden. Auch als Groß eine Erwerbsminderungsrente beantragte, weil sie nicht mehr als Haushaltshilfe arbeiten konnte, unterstützte sie der VdK.
Cannabis-Therapie durchgesetzt
Zuletzt konnte der VdK eine Cannabis-Therapie für sie durchsetzen – wieder erst über einen Widerspruch. Beatrice Klöckner, Leiterin der VdK-Bezirksgeschäftsstelle in Gießen, kritisierte in dem Widerspruch das Gutachten des medizinischen Dienstes. Der hatte eine zuvor eingesandte Liste mit rund 20 Medikamenten und Therapien nicht berücksichtigt. Diese hatte Groß zur Behandlung getestet, aber entweder waren die Nebenwirkungen zu stark oder eine Wirkung blieb aus. Ein Behandlungsversuch mit Cannabis habe hingegen gut und ohne Nebenwirkungen angeschlagen.
Als sich die Krankenkasse weigerte, den Antrag erneut zu prüfen, hakte Klöckner nach. Sie verlangte eine Zustimmung zur Kostenübernahme oder eine förmliche Ablehnung, um Rechtsmittel einlegen zu können. Falls nichts geschehe, drohte sie, eine Untätigkeitsklage einzulegen. Das zeigte Wirkung: Die Krankenkasse genehmigte die Cannabis-Therapie.
Mitglied werden
Lebensqualität zurückgewonnen
Die Behandlung scheint erfolgreich zu sein: Tanja Groß nimmt jeden Abend das Cannabis-Präparat und kann wieder durchschlafen. Außerdem konnte sie die Dosis von zwei anderen starken Medikamente reduzieren. „Dadurch habe ich mehr Lebensqualität zurückgewonnen“, sagt sie und ergänzt: „Ohne den unermüdlichen Einsatz des VdK wäre ich heute nicht dort, wo ich bin.“