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Sechs Fragen an die Präsidentin: Kinder fragen, Verena Bentele antwortet

Von: Kristin Enge

Zum Weltkindertag am 20. September haben wir Kinder gefragt, welche Themen sie beschäftigen und welche Fragen sie an die VdK-Präsidentin haben. Verena Bentele antwortet in dieser Ausgabe der VdK-Zeitung.

Die 10-jährige Lilli steht neben VdK-Präsidentin Verena Bentele auf einem Balkon der VdK-Bundesgeschäftsstelle in Berlin. Man sieht das Mädchen nur von hinten.
Die zehnjährige Lilli hat VdK-Präsidentin Verena Bentele zum Klimawandel befragt. © VdK/Kristin Enge

Mattes: Woher wissen Sie, in welchen Bus Sie gerade einsteigen?

Mattes (3) ist ein großer Fan von öffentlichen Verkehrsmitteln. Er möchte wissen: Wie fahren Sie mit Bussen und Bahnen, und woher wissen Sie, in welchen Bus Sie gerade einsteigen?

Verena Bentele: Um mich zu orientieren, nutze ich einen langen, weißen Stock. Damit kann ich die Stufe am Eingang zur Bahn ertasten. Wenn es Durchsagen gibt, höre ich, welche Bahn gerade eingefahren ist. Wenn es keine Durchsagen gibt, frage ich einfach andere Fahrgäste, welcher Bus oder welche Bahn gerade kommen.

Aenne: Wie haben Sie lesen und schreiben gelernt?

Aenne (6) kommt nach den Sommerferien in die zweite Klasse. Sie fragt: Wie haben Sie lesen und schreiben gelernt?

Verena Bentele: Ich war in einer Schule, in der blinde Schülerinnen und Schüler unterrichtet wurden. Dort habe ich gelernt, dass die Schrift von blinden Menschen aus sechs Punkten besteht. Diese Punkte werden immer anders kombiniert. Sie werden in Papier gestanzt, sodass kleine Erhebungen entstehen, die ich fühlen kann. Beim Lesen streiche ich mit den Fingerspitzen darüber und kann so die Worte fühlen. Um so zu schreiben, habe ich eine Maschine mit sechs Tasten. Die drücke ich immer in unterschiedlicher Kombination, sodass die Punkte entstehen. Heute arbeite ich immer mit einem Computer: Er kann mir alles vorlesen, was ihr auf dem Bildschirm sehen könnt. Wenn ich schreibe, lege ich alle zehn Finger auf die Tasten und weiß genau, wann ich welche Taste drücken muss.
 

Nina: Was war die größte Herausforderung in Ihrer Sportkarriere?

Nina (10) begeistert sich für Fußball und Badminton. Sie fragt: Was war die größte Herausforderung in Ihrer Sportkarriere?

Verena Bentele: Wenn ich laufe, Rad oder Ski fahre, habe ich immer Begleitläufer, die mit mir gemeinsam unterwegs sind. Manchmal war es schwierig, jemanden zu finden, der schnell genug ist für mich und morgens um sechs Uhr schon Lust auf Sport hat. Beim Joggen sind wir mit einem Seil verbunden: An diesem führt mich mein Begleitläufer um Hindernisse herum. Beim Radfahren nutze ich ein Tandem. Da lenkt der, der vor mir sitzt, und bremst auch mal, wenn es sein muss.

Benedict: Was bedeutet Ihnen Ihre erste paralympische Goldmedaille?

Benedict (11) liest gern und mag Videospiele. Er möchte wissen: Was bedeutet Ihnen Ihre erste paralympische Goldmedaille?

Verena Bentele: Meine erste paralympische Goldmedaille habe ich mit 16 Jahren im Biathlon gewonnen. Mir hat sie viel bedeutet, weil ihr Gewinn so eine Überraschung für mich und alle anderen war. Aber letztendlich sind alle Medaillen besonders für mich. Bei all meinen zwölf Goldmedaillen musste ich immer sehr schnell Skilaufen und beim Schießen gut treffen. Jedes Rennen war anstrengend und am Ende besonders, wenn ich besser war als alle anderen.

Jasper: Was tun Sie gegen Kinderarmut?

Jasper (16) hat die zehnte Klasse beendet und startet bald mit der Oberstufe. Ihn interessiert: Was ist für Sie die größte Ungerechtigkeit, und was tun Sie gegen Kinderarmut?

Verena Bentele: Die größte Ungerechtigkeit ist, dass wenige Menschen immer reicher werden und gleichzeitig immer mehr Menschen so arm sind, dass sie sich kaum ihre Wohnung und ihr Essen leisten können. Und das in Deutschland, das finde ich schlimm. Damit zum Beispiel arme Kinder gut aufwachsen können, benötigen ihre Eltern mehr Geld: für Essen, Schulbücher, eine Musikstunde oder den Sportverein. Hier gibt es eigentlich Geld vom Staat. Aber viele Familien wissen das gar nicht, dass sie einen Anspruch auf solche Leistungen haben. Als Präsidentin des VdK ist es meine Aufgabe, Politikerinnen und Politikern von meinen Mitgliedern zu berichten und ihnen zu zeigen, dass manche Menschen dringend Unterstützung benötigen.

Lilli: Beschäftigt Sie der Klimawandel?

Lilli (10) ist sehr diskutierfreudig. Sie fragt: Beschäftigt Sie der Klimawandel, und was kann der VdK hier tun?

Verena Bentele: Wir beschäftigen uns im VdK viel mit den Folgen des Klimawandels: Für ältere Menschen ist zum Beispiel die Hitze im Sommer sehr anstrengend. Und wir verfolgen als VdK das Ziel, dass alle zum Stopp des Klimawandels beitragen, alle auf ihre Weise. Das heißt aber auch, dass Menschen, die kein Geld für eine neue Heizung haben, vom Staat eine Förderung benötigen. Für mich persönlich heißt das aber auch, dass wir alle überlegen müssen, wie wir reisen, ob wir mit dem Rad, der U-Bahn oder dem Auto fahren. Wer etwa als Mensch mit Behinderung die Bahn statt des Autos nehmen will, muss diese ohne Stufen betreten können. Dafür setzen wir uns ein.