Schwieriger Arbeitsmarkt für Ältere
Wegen des Fachkräftemangels arbeitet die Politik an Konzepten, ältere Menschen länger im Beruf zu halten. Doch der Arbeitsmarkt macht es vielen jenseits der 55 nicht gerade leicht.
Ältere Arbeitslose sind länger auf Jobsuche
Nach Zahlen der Bundesagentur für Arbeit gab es im Herbst 2024 in Deutschland rund 680.000 Menschen ab 55 Jahre, die arbeitslos waren. Das entspricht einer Arbeitslosenquote in dieser Altersgruppe von 6,1 Prozent. Sie liegt damit unwesentlich höher als die Arbeitslosenquote in der Gesamtbevölkerung von sechs Prozent.
Allerdings beobachten Arbeitsmarktexpertinnen und -experten, dass mit zunehmendem Alter das Risiko wächst, länger arbeitslos zu bleiben. Das bestätigte der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Daniel Terzenbach, in einem Interview mit dem Deutschlandfunk: „Ältere werden nicht schneller arbeitslos, aber sie haben größere Probleme, wieder einen Job zu bekommen.“
Diese Tendenz verstärke sich in konjunkturell angespannten Zeiten.
108 Tage länger arbeitslos
Es erscheint widersprüchlich: Die Politik ringt zwar um Konzepte, damit ältere Beschäftigte länger arbeiten. Doch trotz des Fachkräftemangels haben sich die Chancen für Ältere nachweislich nicht verbessert, eine Arbeit zu finden. Im Gegenteil: Nach Externer Link:Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) waren im Jahr 2023 ältere Menschen im Durchschnitt 108 Tage länger arbeitslos als jüngere.
Dr. Martin Brussig, der das Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) an der Universität Duisburg-Essen leitet, beobachtet eine Zurückhaltung bei der Einstellung älterer Beschäftigter. „Das kann unterschiedliche Gründe haben. Da kann die Sorge um den gesundheitlichen Zustand des älteren Bewerbers eine Rolle spielen. Oder die Personalplanung des Unternehmens ist langfristig angelegt und darauf ausgerichtet, Leistungsträger aufzubauen.“
Altersdiskriminierung weit verbreitet
Ältere sehen sich oft benachteiligt. In einer Umfrage der Jobplattform Xing unter 1000 Teilnehmenden gaben 40 Prozent der 50- bis 60-Jährigen an, bei Bewerbungen schon einmal wegen ihres Alters diskriminiert worden zu sein.
Dass trotz allem wesentlich mehr ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als noch vor 20 oder 30 Jahren beschäftigt sind, liegt daran, dass die Regelaltersgrenze sukzessive auf 67 Jahre erhöht und Möglichkeiten der Frühverrentung abgeschafft wurden, erklärt Brussig. Zahlen des Statistischen Bundesamtes aus dem vergangenen Jahr belegen, dass die Erwerbsbeteiligung der 60- bis 64-Jährigen so stark gestiegen ist wie in keiner anderen Altersgruppe. Sie hat sich in zehn Jahren von 50 Prozent (2013) auf 65 Prozent (2023) gesteigert. Viele schaffen es aber nicht bis zur Regelaltersgrenze.
„Jährlich wird zwischen 160.000 und 180.000 Menschen eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt. Die Anspruchsberechtigten werden immer älter“
, sagt Brussig. Unter älteren Beschäftigten wächst der Wunsch, vorzeitig in Rente zu gehen. Bei einer Erhebung der Bergischen Universität Wuppertal aus dem Jahr 2023 unter knapp 9000 Menschen der geburtenstarken Jahrgänge äußerten knapp 70 Prozent der Befragten diese Absicht. Als Gründe gaben sie die belastende Arbeit und gesundheitliche Probleme an.
VdK sieht Betriebe in der Pflicht
Damit Ältere gar nicht erst arbeitslos werden und gesund die Regelaltersgrenze erreichen, sind nach Ansicht des Sozialverbands VdK Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber gefragt. „Sie müssen verpflichtet werden, mehr in altersgerechte Arbeitsplätze, flexible Arbeitszeitmodelle und zielgerichtete Qualifizierung und Weiterbildungen zu investieren. Erst dann wird Arbeiten für deutlich mehr Menschen bis zum regulären Rentenalter möglich“
, sagt VdK-Präsidentin Verena Bentele.
Das seien auch wirksame Maßnahmen, um die Einstellung älterer Arbeitssuchender zu erleichtern. „Von Älteren zu erwarten, dass sie länger arbeiten, ohne die Rahmenbedingungen zu schaffen, kann nicht funktionieren“
, so Bentele.