Kategorie Erfolgsgeschichte Sozialrecht Gesundheit

Schwere Schmerzstörung: VdK klagt erfolgreich gegen Unfallkasse

Von: Jörg Ciszewski

Erfolg für den VdK Nord vor dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht (LSG): Eine Unfallkasse muss eine schwere Schmerzstörung im Fuß einer 32-Jährigen als Folge eines versicherten Unfalls anerkennen – und für die Behandlung zahlen.

Ein Fuß einer Frau, der am Knöchel mit einer Bandage verbunden ist.
Die vermutete Verstauchung war in Wirklichkeit schwerwiegender für die Betroffene – ein Arzt diagnostizierte ein komplexes regionales Schmerzsyndrom aufgrund eines Fußbruchs. © IMAGO / Panthermedia / vonschonertagen

Umknicken mit schweren Folgen

Alles beginnt damit, dass die damals 23-jährige Studentin im Juni 2015 während einer Pflichtexkursion ihrer Hochschule in Rumänien umknickt. Die vermutete Verstauchung wird mit Kühlgel und Schmerzmitteln behandelt.

Für den Rest der Reise schont sie den verletzten Fuß. In Deutschland stellt ein Durchgangsarzt einen Bruch im Mittelfuß fest und schreibt sie elf Tage krank. Die letzten Klausuren des Semesters und eine weitere Exkursion absolviert die Studentin, um ihren Studienabschluss machen zu können.

Als sie einige Wochen später im Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhaus (BUK) untersucht wird, finden die Ärzte zunächst keinen Nachweis für eine frühere Fraktur und verordnen eine Physiotherapie. Kurze Zeit später sind ihre Schmerzen im Fuß aber so stark, dass die Therapie abgebrochen wird. 

Dann, seit dem Unfall sind zwei Monate vergangen, stellt der behandelnde Arzt fest, dass als Folge eines Fußbruchs ein komplexes regionales Schmerzsyndrom entstanden sein kann. Die geläufige englische Abkürzung der Erkrankung ist CRPSkurz fürComplex regional pain syndrome und steht für „Complex regional pain syndrome“

Beim CRPSkurz fürComplex regional pain syndrome (früher auch Morbus Sudeck) handelt es sich um eine chronische neurologische Erkrankung. Die Symptome sind anfangs schwer einzuordnen. Es können Schwellungen und Entzündungen des verletzten Gewebes auftreten. Infolge der starken Schmerzen kann es auch zu psychischen Beschwerden kommen.

Neunjährige Odyssee für die Betroffene

Die Frau absolviert im September 2015 eine mehrwöchige Reha. „Dort wurde gegen die eigentliche Empfehlung bei CRPS in den Schmerz hineintherapiert“, sagt sie rückblickend. Obwohl die Symptome für ein CRPSkurz fürComplex regional pain syndrome fortbestehen, heißt es bei ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus, dass sie nach zwei Wochen arbeitsfähig sei. Die Schmerzen werden chronisch. Der Fuß schwillt stark an und zeitweise kann sie sich nur noch im Rollstuhl fortbewegen. „Jede Berührung tat weh“, erinnert sie sich an die Leidenszeit, in der sie hoch dosierte Schmerzmittel mit starken Nebenwirkungen nehmen muss. 

Der Frau wird eine Rückenmarkstimulation implantiert, die durch elektrische Impulse Schmerzen lindern soll. Während einer weiteren Reha setzt die Unfallkasse mit einem Gutachten alle Hebel in Bewegung, den versicherten Unfall nicht als Ursache für die Erkrankung anzuerkennen. 

Die Frau durchlebt eine neunjährige Odyssee mit vielen Arztbesuchen und Klinikaufenthalten. Eine Klage gegen die Unfallkasse scheitert zunächst, daraufhin legt sie mit Unterstützung des Externer Link:VdK Nord erfolgreich Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts ein.

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Erfolg vor Gericht

Am Ende gibt ihr das Landessozialgericht im Januar 2024 in einer mündlichen Verhandlung Recht, in der sie von VdK-Sozialrechtsreferent Tim Golke von der Bezirksverbandsgeschäftsstelle Itzehoe vertreten wird. Das CRPSkurz fürComplex regional pain syndrome und eine chronische Schmerzstörung mit psychischen Auswirkungen werden als Unfallfolgen anerkannt.

Entscheidend für das Urteil (Aktenzeichen: L 8 U 22/21) war das vom Gericht eingeholte Gutachten eines Facharztes für Schmerztherapie, Psychotherapie und Neurologie. Der hatte nachgewiesen, dass sich die Symptome eines CRPSkurz fürComplex regional pain syndrome bis drei Monate nach einem Unfall voll ausprägen können. Die Unfallkasse hatte stets bestritten, dass die Symptome auf einen Unfall zurückgeführt werden können, der länger als zwei Wochen her ist. Mit dem Urteil kann die heute 32-Jährige endlich die Minderung ihrer Erwerbsfähigkeit feststellen und Ansprüche an die Berufsgenossenschaft klären lassen.

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