Pflegegrad abgelehnt? - Keine Angst vor Widerspruch
Mit einem abgelehnten Pflegegrad oder einer abgelehnten Höherstufung muss man sich nicht abfinden. Der Sozialverband VdK rät, im Zweifelsfall Widerspruch einzulegen.
Oft kann man nach einer Ablehnung doch einen Pflegegrad erreichen
Wer einen Pflegegrad beantragt hat, erhält einen Termin zur Pflegebegutachtung. In der Regel besucht eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter des Medizinischen Diensts (MDkurz fürMedizinischer Dienst) die Antragstellerin oder den Antragsteller zu Hause und stellt ein Gutachten aus.
Während der Corona-Pandemie hat der MDkurz fürMedizinischer Dienst Pflegebegutachtungen per Telefon vorgenommen. Dadurch kam es oft zu Fehleinschätzungen. Viele Personen wurden zu niedrig eingestuft. Die Chancen, bei einem Widerspruch doch noch einen (höheren) Pflegegrad zu bekommen, stehen nicht schlecht.
So wurde beispielsweise der Antrag eines Mitglieds aus Bayern mit Pflegegrad 1 auf Höherstufung gleich zweimal abgelehnt – das erste Mal ohne, das zweite Mal mit ärztlichen Unterlagen. Schließlich suchte die 69-Jährige Hilfe beim VdK. Die Rechtsberaterin stellte fest, dass das vorgelegte ärztliche Attest im Gutachten des MDkurz fürMedizinischer Dienst nicht aufgeführt und auch nicht berücksichtigt worden ist. Die VdK-Mitarbeiterin legte Widerspruch ein und schickte das Attest nochmals mit. Das Ergebnis: Rückwirkend wurde der Pflegegrad 3 anerkannt.
Pflegegrad abgelehnt: Was muss man beim Widerspruch beachten?
Bei der Pflegebegutachtung prüft der MDkurz fürMedizinischer Dienst Kriterien in sechs Bereichen, die unterschiedlich gewichtet werden. Dieses Verfahren ist sehr komplex. Eine Einstufung oder Ablehnung ist daher nicht leicht zu verstehen. Auf Wunsch schickt die Pflegekasse den Betroffenen das Gutachten des MDkurz fürMedizinischer Dienst zusammen mit dem Bescheid zu.
Widerspruch einlegen dürfen nur die oder der Betroffene selbst oder eine bevollmächtigte Person. Das Schreiben kann kurz und formlos erfolgen und sollte innerhalb von vier Wochen per Einschreiben oder Fax bei der Pflegekasse eingehen. Der Widerspruch sollte auf jeden Fall begründet sein. Auch nach dieser Frist sind noch nicht alle Chancen vertan: Bis zu vier Jahre kann ein Fall rückwirkend geprüft werden, wenn man einen Rechtsanwalt oder den Sozialverband VdK einschaltet.
Bei einem Widerspruch überprüft die Pflegekasse ihr Gutachten. Meist wird ein Zweitgutachten erstellt. Dieses kann nochmals nach Aktenlage erfolgen, auf Wunsch aber auch durch einen Hausbesuch des MDkurz fürMedizinischer Dienst. Es ist ratsam, sich auf diesen Termin gründlich vorzubereiten. Dazu gehört, im alten Gutachten nochmals zu überprüfen, ob alle körperlichen, geistigen und psychischen Einschränkungen berücksichtigt wurden. Außerdem ist es hilfreich, alle medizinischen Dokumente anzufordern, die neu dazugekommen sind.
Bringt auch das Zweitgutachten keinen Erfolg, besteht die Möglichkeit, beim Sozialgericht Klage einzureichen. Auch hier gilt eine Frist von einem Monat. Allerdings sollte man den VdK dabei zurate ziehen.