Mehrfach reformiert, stets unterfinanziert
Im kommenden Jahr 2025 wird die Pflegeversicherung 30 Jahre alt. Der VdK erklärt, warum die jüngste Sozialversicherung in Deutschland ihre Schwächen schon in die Wiege gelegt bekam.
Meilenstein der Sozialpolitik
Die Einführung der Pflegeversicherung 1995 stellt einen wichtigen Meilenstein in der deutschen Sozialpolitik dar, auch wenn seitdem offensichtlich wurde, dass die Pflegeversicherung durch eine chronische Unterfinanzierung stets ein notdürftiges Pflaster war.
Vor 1995 hatten Fachleute über 20 Jahre lang darüber diskutiert, wie in einer alternden Gesellschaft pflegebedürftige Menschen versorgt werden – und wie das finanziell abgefedert werden kann. Anfang der 1990er-Jahren intensivierte sich diese Debatte, weil rund 70 Prozent der Menschen in der stationären Pflege auf Sozialhilfe angewiesen waren. Arbeits- und Sozialminister Norbert Blüm (CDUkurz fürChristlich Demokratische Union) sprach sich damals für eine fünfte Säule im System der Sozialversicherungen aus, für alle – auch für Privatversicherte – verpflichtend.
So entschied sich der Bundestag für eine gesamtgesellschaftliche Absicherung gegen die finanziellen Belastungen bei Pflegebedürftigkeit. Im Gesetzgebungsprozess konnte eine Minimallösung gefunden werden: Die Pflegeversicherung sollte über ihr Umlagesystem eine pflegerische Grundversorgung abdecken. Um die Kosten auf Arbeitgeberseite auszugleichen, wurde der Buß- und Bettag als bundesweit geltender Feiertag geopfert.
Viele Reformen, einige Schwächen
Ein Grundpfeiler ist der Vorrang der häuslichen vor der stationären Pflege. Externer Link:Angehörige sollten dafür sorgen, dass Pflegebedürftige möglichst lange zu Hause bleiben können – mit strukturellen Schwächen: Prävention, ambulante Pflege und der bedarfsorientierte Ausbau von Tages-, Nacht- und Kurzzeitpflege standen nie im Fokus. Vergessen wurde eine Dynamisierung der Leistungen. Jede Anpassung muss vom Bundestag beschlossen werden.
In den 30 Jahren Pflegeversicherungen gab es viele Reformen, geblieben ist die chronische Unterfinanzierung. Maßgeblich war im Jahr 2017 eine Reform des Externer Link:Pflegebedürftigkeitsbegriffs, die dazu führte, dass bei den Leistungen nicht mehr die Pflegezeit oder die Häufigkeit ausschlaggebend waren. Wichtig wurde der Grad der Selbstständigkeit der pflegebedürftigen Person. Eine bessere Qualitätssicherung wurde Standard.
VdK-Präsidentin Verena Bentele sagt: „Notfallpläne und kurzfristige Maßnahmen werden die vielen Löcher in der Pflegeversicherung nicht mehr stopfen können. Immer weitere kurzfristige Beitragssteigerungen führen zu massiver Verunsicherung bei Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen. Der Sozialstaat braucht stabile Einnahmen und die Solidarität aller.“