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Lohnersatz für Nächstenpflege

Von: Bettina Schubarth

Der Haushaltsstreit in der Ampelkoalition hält an. Einen wichtigen Punkt vermisst der VdK: Im Koalitionsvertrag steht eine Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige. Aus dem Gesundheitsministerium kam dazu bisher kein einziger Vorschlag.

Eine Frau sitzt am Bett eines älteren Mannes, der im Bett liegt. Sie hält einen geöffneten Joghurt mit einem Löffel darin in der Hand, fasst sich mit einem Ausdruck der Erschöpfung an die Stirn.
Pflegen bis zur Erschöpfung: Pflegende Angehörige brauchen viel mehr Unterstützung. Häufig droht ihnen die Armut, weil sie ihre Arbeitszeit reduzieren müssen. Die im Koalitionsvertrag versprochene Lohnersatzleistung muss endlich umgesetzt werden! © IMAGO / photothek

VdK fordert Versprechen aus dem Koalitionsvertrag ein

„Bundesminister Karl Lauterbach muss sich beeilen, wenn er das wichtige Projekt zur finanziellen Unterstützung von pflegenden Angehörigen noch umsetzen will. Der Haushalt 2025 ist der letzte, den diese Bundesregierung aufstellt. Gelder für die Lohnersatzleistung für die Nächstenpflege sind darin nicht zu finden“, so VdK-Präsidentin Verena Bentele.

VdK-Studie zur Pflege belegt Armutsrisiko

Schon 2021 hat die große Externer Link:VdK-Umfrage zur häuslichen Pflege belegt, dass das Pflegen von Angehörigen ins finanzielle Abseits führt. Jede vierte Frau, die sich um einen Angehörigen kümmert, ist arm. Eine AOK-Studie hat ebenfalls jüngst alarmiert. Demnach gibt jede vierte Hauptpflegeperson im erwerbsfähigen Alter ihre Berufstätigkeit ganz auf oder reduziert deutlich deren Umfang.

VdK-Pflegestudie

76 Prozent der Pflege in Deutschland finden zu Hause statt. Lange war kaum erforscht, wie der Alltag dort abläuft, wo es Defizite gibt, wie es den Betroffenen geht. Deshalb hat der VdK in 2021 selbst eine pflegewissenschaftliche Studie in Auftrag gegeben. Knapp 54.000 Menschen haben sich beteiligt.

Implodierende Familienstrukturen durch die Pflege

Die Betreuung von kleinen Kindern wird mit dem Elterngeld finanziell erleichtert. Pflegende Angehörige warten bislang vergeblich auf eine ähnliche Ersatzleistung. „Ohne eine bessere finanzielle Absicherung wird es immer weniger Menschen geben, die sich für die Pflege zu Hause entscheiden“, warnt Bentele. Dabei ist der Staat auf eine funktionierende Nächstenpflege angewiesen. „Nur 16 Prozent der Pflegebedürftigen werden stationär versorgt. In den Schlagzeilen geht es aber fast ausschließlich um explodierende Heimkosten und fast nie um implodierende Familienstrukturen in vielen Haushalten, in denen Pflegebedürftige leben“, kritisiert Bentele. 

VdK-Mitglieder, die Angehörige zu Hause versorgen, berichten, dass sie sich von der Politik nicht anerkannt fühlen. Dabei ist diese Form der Familienarbeit ohne Zweifel in jeder Hinsicht herausfordernd: mental, körperlich und auch finanziell.

Viele pflegende Angehörige verzichten auf Erholung

Laut Externer Link:Sozio-oekonomischem Panel (SOEP) von 2021 wird von einer Zahl von etwa 7,1 Millionen pflegenden Angehörigen ausgegangen. Die Ressourcen dieser Menschen sind jedoch nicht unendlich. Selbst bekannte Entlastungsangebote werden weniger. Durch die angespannte Personallage in den ambulanten Pflegediensten bleibt vielen Familien sogar eine stundenweise Entlastung verwehrt. Auch eine Reise oder ein Kuraufenthalt können fraglich werden, weil die Zahl der Kurzzeitpflegeplätze wegen der schwierigen Heimsituationen vielerorts deutlich sinkt, oder weil wegen der gestiegenen Heimpreise Familien dafür oft viel Geld zuschießen müssen. Die Folge: Notgedrungen verzichten viele auf eigene Erholungsphasen, um die Pflege ihres Angehörigen zu gewährleisten.

Anlässlich des Tags der pflegenden Angehörigen am 8. September fordert Verena Bentele: „Die Lohnersatzleistung für die Nächstenpflege muss in diesem Herbst auf den Weg gebracht werden. Das Einlösen dieses Versprechens darf die Bundesregierung nicht schuldig bleiben. Die dafür notwendigen Steuergelder wären bestens angelegt.“

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