Kommentar: Wirtschaftsweise
Ist die Rente noch zu retten? Das fragen die Wirtschaftsweisen in ihrem Jahresgutachten. Ihre Antworten fallen differenziert aus, folgen aber gängigen Mustern: längere Lebensarbeitszeit, Aktienvorsorge und Drosselung der Rentensteigerungen.
Die Worte des „Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“, wie diese Gruppe ordentlich ausgeschrieben heißt, finden stets große Beachtung. Schließlich stecken dafür angesehene Wirtschaftswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler ihre klugen Köpfe zusammen.
Bei der Lektüre des 450 Seiten starken Berichts frage ich mich allerdings: Ist das wirklich der Weisheit letzter Schluss? Würde die Politik den Empfehlungen konsequent folgen, würde unsere umlagefinanzierte Rentenversicherung gnadenlos ausgehebelt, weil damit viele Menschen im Alter von Sozialleistungen abhängig wären. Denn was wird aus denjenigen, die aus Gesundheitsgründen nicht bis zum 68., 69. oder gar 70. Lebensjahr arbeiten können? Oder aus denjenigen, die wegen der gebremsten Rentenanpassungen von der Preisentwicklung abgehängt werden und in die Altersarmut rutschen?
Ich kann vor dieser Art der Verunsicherung nur warnen. Zu den festen Versprechen des Sozialstaats gehört, dass die Lebensleistung im Alter belohnt wird. Und das zum Beispiel nicht davon abhängt, ob der Staat das Geld auf die richtigen Aktien gesetzt hat. Auf eine gute und faire Rente muss sich jeder Mensch in Deutschland verlassen können, der Sozialversicherungsbeiträge und Steuern zahlt.
In einer Hinsicht blitzt im Jahresbericht dann doch etwas Weisheit durch. Die Einnahmenseite müsse gestärkt werden. Deshalb müsse das Potenzial an Arbeitskräften gehoben werden. Hier fordert der Bericht eine „Willkommenskultur“ für ausländische Arbeitskräfte. Und gerade Frauen müsse eine Aufstockung ihrer Arbeitszeiten und qualifizierte Beschäftigung ermöglicht werden. Genügend Kita- und Tagespflegeplätze wären schon mal ein guter erster Schritt.