Kommentar: Auf einmal regnet es Geld

Von: Verena Bentele, VdK-Präsidentin

Die politische Lage sorgt bei mir gerade für gemischte Gefühle. Kommentar von VdK-Präsidentin Verena Bentele.

Das Foto zeigt Verena Bentele, sie sitzt in einem grauen Sessel und hat einen Arm auf der Lehne abgelegt
Bildnachweis: Susie Knoll © VdK / Susie Knoll

Es gibt eine sehr gute Nachricht: Die Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl war mit 82,5 Prozent die höchste seit 35 Jahren. Die Bürgerinnen und Bürger wussten also, dass ihre Stimme zählt. Doch die Lehren, die offensichtlich viele Parteien aus dem unrühmlichen Ende der Ampel gezogen haben, sind aus meiner Sicht eher fragwürdig.

Im Wahlkampf wurde mit harten Bandagen gekämpft. Gut, das mag dazugehören. Harte Linien, klare Kante. So war die Rhetorik der Parteien. „Sicherheit“ war ein Wort, das inflationär im Gebrauch war. Damit wurde Angst geschürt. Suggeriert wurde und wird aus populistischen Kreisen, dass es schlimmstens steht um Deutschland. Statt mit Fakten wird mit Gefühlen gearbeitet. Und auf diesen Zug sind irgendwann leider viele Parteien aufgesprungen. Doch werden die Ängste jetzt weniger?

Jedenfalls darf man verwundert feststellen, dass vieles von dem, auf das im Wahlkampf gepocht wurde und das bis zum 23. Februar unverrückbar schien, plötzlich obsolet ist. Schuldenbremse? Lässt sich lösen! Simsalabim, ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro wird hervorgezaubert. Auf dem Münchner Nockherberg, wo mit einem satirischen Singspiel zur Fastenzeit traditionell die Politik aufs Korn genommen wird, stand eine riesige Kanone auf der Bühne. Aus ihr wurden Geldscheine ins Publikum gefeuert. Ein passendes Symbol. 

Auch wenn die Investitionen, die nun hoffentlich getätigt werden, mehr als nötig sind: Es gäbe für einen solchen Geldsegen bessere Wege als eine riesige Verschuldung. Streichung von unnötigen und ungerechten Subventionen und Nutzung der größten Kraft: Umverteilung. Reiche und Superreiche könnten zur Finanzierung zentraler gesellschaftlicher Aufgaben durch eine Besteuerung sehr großer Vermögen und Erbschaften mehr zahlen, ohne ihren Wohlstand einzubüßen. Doch davon ist wieder einmal keine Rede. Ausbaden werden die Schulden andere. Als Gesellschaft, deren Wählerwillen politisches Handeln lenken sollte, dürfen wir nie den Sozialstaat und unsere Zukunft vergessen.

Motiv der VdK-Aktion Jasozial: Grafik in rosa und lila. Zu sehen ist eine Hand, die das "Daumen hoch"-Zeichen macht, und der Schriftzug "Ja zum Sozialstaat"

JASOZIAL: Unsere Forderungen an die Politik

Die Koalitionsverhandlungen sind in vollem Gange. Was fordert der VdK von der neuen Regierung?

Mehr Kommentare von Verena Bentele