Instabile Halswirbelsäule: Wenn der Kopf zu schwer zum Tragen ist
Wer unter einer instabilen Halswirbelsäule leidet, hat bis zur Diagnose oft einen langen Weg vor sich. Die Symptome sind sehr vielfältig. Betroffene sprechen von sich selbst auch als „Wackelköpfchen“.
Folgen einer instabilen Halswirbelsäule
Kopfschmerzen, Tinnitus, Augenprobleme, Hör- oder Konzentrationsstörungen, (Schwank-)Schwindel bis hin zu Übelkeit können die Folge sein, sagt Orthopäde Alfred Galeazzi aus Sankt Goar. Eine Betroffene ist Simone Theisen-Diether. Bei Kampfsportübungen hatte sie sich das Querband, das den Atlaswirbel stabilisiert, überdehnt. Ihre Odyssee bis zur Diagnose dauerte drei Jahre. Dann traf sie auf einen Internisten, der das Krankheitsbild kannte. „Ein Glücksfall“
, findet die 44-Jährige.
Oft übersehenes Krankheitsbild
Privat-Dozent Dr. Timo Zippelius von der Orthopädischen Universitätsklinik Ulm spricht von einem „oft übersehenen Krankheitsbild“
. Als Ursachen nennt er angeborene Instabilitäten, wie etwa Bindegewebsschwächen, Unfälle, Autoimmun- oder rheumatologische Erkrankungen. Auch ein Sturz kann dazu führen, dass die Bänder zwischen Hals und Kopf überdehnt werden oder einreißen können. Schon kleinste Verletzungen können bei Betroffenen das Gefühl hervorrufen, den Kopf nicht mehr tragen zu können.
Bandverletzungen in diesem Bereich nachzuweisen, sei sehr schwierig, weiß Galeazzi. Wenn jemand erzählt, ihm falle der Kopf herunter, sei das ein wichtiges Indiz. Eine gute Anamnese, Untersuchung und bildgebende Verfahren, wie Röntgen oder ein Upright-MRT, helfen bei der Suche nach der Ursache.
In sehr schweren Fällen: Operation
Betroffene richten sich so gut es geht mit ihrem „Wackelköpchen“
ein – so auch Bert Vollenscheer-Wegener. Das VdK-Mitglied beschreibt seine Beschwerden als „sehr bunt und unterschiedlich intensiv. Manche Tage sind fast normal, an anderen muss ich fast durchgängig ruhen. Alle Bewegungen mit dem Kopf müssen mit Bedacht gewählt werden.“
Die Behandlung kann sehr langwierig sein, sie hängt von der Schwere der Verletzung ab. Manchmal hilft es, Muskeln zu lockern und Bewegungsmuster neu einzuüben. „Wir können die Stabilität der Bänder nicht zurückgeben, aber wir können Eigenaktivität und Selbstwirksamkeit stärken“
, meint Galeazzi. In sehr schweren Fällen hilft nur eine Operation: Hier werden instabile Segmente versteift oder rekonstruiert, um Schmerzen zu reduzieren.
Viele Betroffene fühlen sich hilflos. „Wir tauschen uns viel mit Leidensgenossen aus, gerade bei der Suche nach Fachleuten“
, sagt Theisen-Diether. Sie wünscht sich mehr Grundlagenforschung und klare Regeln für die Diagnostik, damit Erkrankte schneller Hilfe finden.