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Immer mehr Menschen suchen Schuldnerberatungen auf

Von: Julia Frediani

Die Inflation hat die Preise in die Höhe getrieben. Bei Verbraucherinnen und Verbrauchern steigt das Risiko der Überschuldung und damit auch der Bedarf nach einer Schuldnerberatung.

Ein Brief mit dem Briefkopf "Zahlungsaufforderung". Darauf liegt eine Lesebrille, außerdem Geldscheine.
© IMAGO / Bihlmayerfotografie

Beratungsbedarf erheblich gestiegen

Eine Umfrage unter den 1400 gemeinnützigen Beratungsstellen der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (BAG-SB) zeigt: Immer mehr Menschen in Deutschland suchen eine Schuldnerberatung auf, rund 600.000 waren es im letzten Jahr. In knapp der Hälfte der Beratungsstellen kommen deutlich mehr Ratsuchende wegen Energieschulden, in einem Viertel der Beratungstellen sind die Anfragen wegen Mietschulden gestiegen.

Diese Entwicklung zeigt, dass Menschen immer stärker in finanzielle Nöte geraten. Die Lebenshaltungskosten sind in den vergangenen Monaten erheblich gestiegen. BAG-SB-Geschäftsführerin Ines Moers erklärt: „98 Prozent aller Zahlungsverpflichtungen werden ohne Probleme erfüllt, so verkündet es jedes Jahr die Schufa. Wir haben in Deutschland kein Problem mit der Zahlungsmoral.“
 

Keine Ersparnisse mehr

Etwa sechs Millionen Menschen in Deutschland gelten als überschuldet. Das sind Verbraucherinnen und Verbraucher, deren Einkommen und Ersparnisse nicht mehr ausreichen, um alle Rechnungen zu begleichen, selbst wenn sie sparsamer leben. „Früher hat die Jahresabrechnung viele in Bedrängnis gebracht. Mittlerweile beobachten wir, dass viele Menschen immer mehr Probleme haben, die monatlichen Abschläge zu bezahlen“, sagt Moers.

Die Preissteigerungen infolge des Ukraine-Krieges haben die wirtschaftliche Lage vieler Verbraucherinnen und Verbraucher erheblich verschärft. „Die Ersparnisse sind längst aufgebraucht. Unser Eindruck ist, dass der Andrang in den Beratungsstellen auch so groß ist, weil sich die Menschen viel früher trauen, nach Hilfe zu fragen“, berichtet Moers.

Der Beratungsbedarf wächst also, doch den Schuldnerberatungsstellen fehlen Fachkräfte. Die Folge: Viele Betroffene müssen lange auf einen Termin warten. Wenn es lange Wartezeiten gibt, erhöhe sich der Druck auf die Betroffenen, sagt Moers. „Wir erleben, dass Menschen mit Schuldenproblemen zu privaten, kostenpflichtigen Beratungen gehen, darunter sind teilweise unseriöse Anbieter. Den Betroffenen wird in einer Notlage auch noch Geld aus der Tasche gezogen.“

Pfändungsgrenzen

Damit Verbraucherinnen und Verbraucher einen Weg aus der Überschuldung finden, ist es wichtig, dass sie ihre Rechte kennen. Laufende Kosten können reduziert werden, indem bestehende Verträge widerrufen oder gekündigt werden. Viele Menschen wissen zum Beispiel nicht, so Moers, dass viele Forderungen von Inkasso-Unternehmen unberechtigt sind. Schuldnerberatungen können helfen, berechtigte von unberechtigen Forderungen zu unterscheiden.

Um überschuldeten Verbraucherinnen und Verbrauchern das Existenzminimum zu sichern, hat der Gesetzgeber sogenannte Pfändungsgrenzen festgelegt. Der pfändungsfreie Grundbetrag liegt bei 1402 Euro im Monat. Dieser Teil des Einkommens darf nicht gepfändet werden, sofern keine Unterhaltsverpflichtungen bestehen.

Info Schuldnerberatung

Einen Überblick über gemeinnützige Schuldnerberatungen bietet die Website Externer Link:www.meine-schulden.de