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Hausaufgaben für das deutsche Gesundheitssystem

Von: Jörg Ciszewski

Deutschland fällt bei der Lebenserwartung im europäischen Vergleich weiter zurück – Problemfelder sind Prävention und Ernährung.

Ein älterer Mann sitzt am Tisch und schneidet Zitronen auf, ein Kind - vermutlich sein Enkel - schaut interessiert zu.
Wichtig im Alter (und davor): Eine gesunde Ernährung und ein gesunder Lebensstil. Die Deutschen schneiden hier im internationalen Vergleich nicht gut ab, was sich in einer geringeren Lebenserwartung niederschlägt. © IMAGO / Westend61

Deutsche leben im Vergleich 1,7 Jahre kürzer

Deutschland gehört in Westeuropa zu den Schlusslichtern bei der Lebenserwartung und verliert weiter an Anschluss. Eine aktuelle Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) und des Max-Planck-Instituts zeigt, dass in Deutschland seit mehr als 20 Jahren die Sterblichkeitslücke zu anderen Ländern relativ stetig gewachsen ist.

Obwohl Deutschland bei Ausgaben für das Gesundheitssystem in Europa Spitzenreiter ist, schlägt sich das nicht auf die Lebenserwartung nieder. Wer im Jahr 2022 in Deutschland zur Welt gekommen ist, wird durchschnittlich 80,55 Jahre alt, für Westeuropa liegt der Wert hingegen bei 82,25 Jahre. Der Rückstand Deutschlands zu seinen Nachbarn vergrößerte sich von rund 0,7 Jahren im Jahr 2000 auf 1,7 Jahre im Jahr 2022.

Sterblichkeit ab 65 Jahren deutlich erhöht

Auffällig ist, dass die Sterblichkeit von Menschen unter 50 Jahren durchaus im Rahmen des westeuropäischen Durchschnitts liegt. Bei der Bevölkerung über 65 Jahre ist sie jedoch deutlich erhöht. Bei den Frauen weisen in Deutschland gerade Personen im Alter ab 75 Jahren eine höhere Sterblichkeit auf als Gleichaltrige im westeuropäischen Ausland. Dagegen ist bei den Männern die geringere Lebenserwartung insbesondere im Alter zwischen 55 und 74 Jahren für den Unterschied zu den Nachbarländern ausschlaggebend.

Laut den Forschenden erklärt sich der Rückstand zu einem Großteil durch eine höhere Sterblichkeit aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die wiederum seien unter anderem auf eine unzureichende Prävention und Primärversorgung zurückzuführen.

Ein weiterer Hauptgrund für viele Erkrankungen sind der Untersuchung zufolge außerdem die schlechteren Ernährungsgewohnheiten. Hierzulande wird vergleichsweise wenig Obst und Gemüse gegessen. 

Versäumnisse bei Prävention und Früherkennung

Ein anderes Problem ist der hohe Prozentsatz von Patientinnen und Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die die Krankenhäuser und Arztpraxen erst in fortgeschrittenen Krankheitsstadien erreichen. Die Betroffenen leiden zu diesem Zeitpunkt häufig bereits an weiteren Erkrankungen. Das deutet auf Versäumnisse bei der Prävention, Früherkennung und Behandlung hin. 

Eine unzureichende Früherkennung und ein geringes Bewusstsein wurden auch bei anderen Krankheiten beobachtet, die ein hohes gesundheitliches Risiko aufweisen. Gerade bei der Prävention und Früherkennung sieht Dr. Sebastian Klüsener, Forschungsdirektor am BiB, einen Aufholbedarf für das deutsche Gesundheitssystem, um sich „für den Alterungsprozess der Gesellschaft besser aufzustellen“. 

Die höchste Lebenserwartung in den erfassten Ländern hatten übrigens die Menschen in der Schweiz mit 83,5 Jahren, gefolgt von Spanien mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 83,2 Jahren und Schweden mit 83,1 Jahren.

Weitere Zahlen

Deutschland gibt mit knapp 5000 Euro pro Einwohner und Jahr so viel wie kein anderes Land in der Europäischen Union (EU) für Gesundheit aus. Das sind nach Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit 52,9 Prozent mehr als im EU-Durchschnitt.

Mit rund 57 Milliarden Euro verursachten Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Jahr 2020 die höchsten Kosten für das deutsche Gesundheitssystem.

Laut dem Bundesgesundheitsministerium werden in Deutschland bis zu 70 Prozent der Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch Lebensstilfaktoren verursacht. Dazu zählen insbesondere eine ungesunde Ernährung, Bewegungsarmut, Rauchen und übermäßiger Alkoholkonsum.

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