Große regionale Unterschiede in der Pflege
In der Versorgung von Pflegebedürftigen gibt es bundesweit große Unterschiede. Das ergibt eine Analyse der Abrechnungsdaten von Pflege- und Krankenkassen für den AOK-Pflegereport 2023.
Studie liefert Überblick über pflegerische und medizinische Versorgung
So erhalten beispielsweise die Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen in Nordrhein-Westfalen und im Saarland besonders häufig Schlaf- und Beruhigungsmittel. In Ostdeutschland hingegen werden diese Medikamente wesentlich seltener verabreicht als im Bundesdurchschnitt. Auch die Zahl der Klinikeinweisungen in den letzten 30 Lebenstagen weist große regionale Unterschiede auf. Im Schnitt waren 42 Prozent aller Pflegeheimbewohner davon betroffen, wobei die Häufigkeit von 18,67 bis 65,96 Prozent variierte.
Für die Auswertung hat das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdOkurz fürWissenschaftliches Institut der AOK) die Angaben der elf AOKs herangezogen. Dabei wurden die Daten der Kranken- und der Pflegeversicherung miteinander verknüpft. Dadurch liefert die Studie einen guten Überblick über die pflegerische sowie die medizinische Versorgung von alten und pflegebedürftigen Menschen.
Daten von 350.000 Heimbewohnern ausgewertet
Insgesamt wurden laut AOK die Informationen von rund 350.000 Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohnern ab 60 Jahren ausgewertet. Das entspricht etwa der Hälfte aller Menschen, die in Deutschland stationär versorgt werden. Erfasst wurden zehn Indikatoren, die die Versorgungsqualität besonders gut belegen. So ist die Flüssigkeitszufuhr bei Demenz äußerst wichtig, da sich die Verwirrtheit sonst weiter verschlechtert. In Teilen Niedersachsens, in Rheinland-Pfalz sowie in Ostbayern wurden mehr Menschen mit Flüssigkeitsmangel in die Klinik eingeliefert als im Bundesdurchschnitt. Auch beim Auftreten von Dekubitus liegt Rheinland-Pfalz weit vorne, ebenso wie Nordrhein-Westfalen und Thüringen.
Wer an Diabetes erkrankt ist, sollte regelmäßig seine Augen untersuchen lassen, sonst drohen Netzhautschäden. Die augenärztliche Versorgung in Pflegeheimen ist jedoch generell unzureichend. Nur eine beziehungsweise einer von fünf Betroffenen wird öfter untersucht. Insbesondere in Hessen, Bayern und Rheinland-Pfalz gibt es große Defizite.
Antipsychotika sind Regel statt Ausnahme
Um Verhaltensstörungen zu dämpfen, erhalten Demenzkranke Antipsychotika. Das sollte eigentlich nur in Ausnahmefällen geschehen, kommt aber öfter vor. Besonders häufig werden Antipsychotika in Baden-Württemberg, in Teilen Bayerns, Nordrhein-Westfalens und im Westen von Niedersachsen dauerhaft verabreicht.
Problematisch sind auch die Dauerverordnung von Beruhigungs- und Schlafmitteln, die Kombination von neun und mehr Wirkstoffen sowie der Einsatz von Medikamenten, die für Ältere ungeeignet sind. Untersucht wurden weiterhin vermeidbare Krankenhausaufenthalte, wie die Einlieferung in eine Klinik am Lebensende, kurze sowie sturzbedingte Aufenthalte. Hier liegen Bayern, das Saarland und Rheinland-Pfalz an der Spitze.
Aber es gibt auch Positives zu berichten: Beruhigungs- und Schlafmittel sowie ungeeignete Medikamente werden generell etwas seltener verordnet als in den Vorjahren. Auch die Zahl der Krankenhausaufenthalte am Lebensende ist rückläufig.
Bei der Vorstellung des AOK-Pflegereports warb Dr. Sabine Richard, Geschäftsführerin Versorgung im AOK-Bundesverband, dafür, die Routinedaten für die Weiterentwicklung der medizinischen und pflegerischen Versorgung zu nutzen. „Gerade die Schnittstellen der Langzeitpflege zur Gesundheitsversorgung werden bisher kaum systematisch beleuchtet und regelmäßig ausgewertet“, sagte sie. In diesen Angaben stecke großes Potenzial, Auffälligkeiten besser und schneller zu erkennen. Die Daten könnten auch für die ambulante Pflege verwendet werden.
Qualitätsatlas Pflege online
Die AOK hat die Ergebnisse der Studie auf dem Externer Link:Online-Portal „Qualitätsatlas Pflege“ veröffentlicht. Dort können auch die Zahlen der einzelnen Landkreise und Städte abgerufen werden.