Gonarthrose: VdK erstreitet Anerkennung einer Berufskrankheit
Olaf Alber hat 30 Jahre als Dachdecker gearbeitet, als ein Arzt bei ihm eine Gonarthrose im rechten Kniegelenk diagnostizierte. Daraufhin beantragte das Mitglied im VdK Niedersachsen-Bremen die Anerkennung einer Berufskrankheit.
Berufsgenossenschaft lehnt ab
Dachdecker arbeiten viel im Knien, was ihre Gelenke stark belastet. Das verursacht oft Schmerzen, und bei nicht wenigen führt das zu Knorpelverschleiß im Kniegelenk, auch Gonarthrose genannt. Auch Olaf Alber litt nach vielen Jahren im Beruf immer häufiger unter starken Schmerzen im Knie. „Irgendwann ging nichts mehr“, sagt der 53-Jährige.
Er wandte sich mit der Diagnose an die Berufsgenossenschaft und beantragte die Anerkennung einer Berufskrankheit. Über die Antwort regt sich Alber noch heute auf. Die BG Bau teilte ihm mit, dass in seinem Fall keine Berufskrankheit vorliegt, weil die Kniearthrose nur rechts festgestellt wurde. Als Dachdecker müssten für eine Anerkennung aber bis zu einem gewissen Grad beide Knie erkrankt sein, hieß es.
Zwar erkannte die BG Bau an, dass Alber seit August 1985 insgesamt 15 271 Stunden kniebelastend im Sinne der Berufskrankheitenverordnung gearbeitet hatte und damit ein wichtiges Kriterium erfüllte. Doch auch seine angeborenen varischen Beinachsen, so genannte „O-Beine“, seien ein wesentlicher Grund für die Gonarthrose.
Arbeit an Steildächern
Nachdem die BG Bau einen Widerspruch abgewiesen hatte, reichte der VdK Klage beim Sozialgericht Hildesheim ein. Das Gericht ließ den Dachdecker durch einen Chi_rurgen begutachten. Der Facharzt stellte bei ihm eine Gangunsicherheit sowie eine eingeschränkte Beweglichkeit des rechten Kniegelenks infolge der Gonarthrose fest. Der Mediziner bestätigte, dass die Voraussetzung für die Anerkennung der Berufskrankheit vorliegt. Diese Einschätzung änderte jedoch nichts an der Haltung der BG Bau. Auch einen Vergleich lehnte die Berufsgenossenschaft ab.
Deshalb beraumte das Sozialgericht eine mündliche Verhandlung an. Dort erklärte der 53-Jährige dem Richter, warum die Kniearthrose bei ihm einseitig aufgetreten ist. Er habe hauptsächlich an Steildächern gearbeitet. Dann demonstrierte er dem Gericht, wie er sich dabei von rechts nach links über die rechte Körperseite bewegte. Dabei war das rechte Bein die ganze Zeit gebeugt, während ihn das linke Bein in gestreckter Haltung stützte und dabei tiefer stand.
Die Schilderungen überzeugten das Gericht. Zwar sei die Gonarthrose als Berufskrankheit laut Verordnung nur anzuerkennen, wenn sie grundsätzlich beidseitig auftritt. Doch die Regelung sehe auch Ausnahmefälle für eine einseitige Kniegelenkserkrankung vor, so der Richter. Eine solche Ausnahme sei aufgrund der besonderen Arbeitsweise beim Kläger gegeben. Einen ursächlichen Einfluss der O-Beine auf die Kniearthrose hätten mehrere ärztliche Sachverständige ausgeschlossen.
In ihrem Urteil kritisierte das Gericht zudem, dass die Berufsgenossenschaft weder im Bescheid noch im Widerspruchsbescheid auf die unterschiedliche Belastung der Beine eingegangen war.
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Nächste Klage läuft
Das Urteil ist für die Sozialrechtsreferentin und Geschäftsführerin der VdK-Kreisverbandsgeschäftsstelle Hameln, Claudia Hilscher-Meinert, ein erster Erfolg. Doch es geht weiter. „Wir klagen nun gegen die Berufsgenossenschaft, weil sie den Antrag auf eine Unfallrente ablehnt.“
Alber ist erleichtert darüber, dass seine Arthrose als Berufskrankheit anerkannt wurde. „Ohne die Unterstützung des VdK hätte ich niemals geklagt. Ich konnte meine Aussicht auf Erfolg ja nicht einschätzen und hätte Angst gehabt, dass ich am Ende auf den Prozesskosten sitzen bleibe.“ Im Nachhinein ist er froh, dass er bei der Verhandlung persönlich anwesend war und seine Arbeitsweise vorführen konnte. „Das hat sicher Eindruck auf das Gericht gemacht und einen großen Teil zu dem positiven Ausgang beigetragen“, ist Hilscher-Meinert überzeugt.