Kategorie Tipp Erwerbsminderungsrente

Erwerbsminderungsrente bei Fibromyalgie kaum möglich

Was Fibromyalgie auslöst, können Ärzte meist nicht herausfinden, weswegen die Krankheit als mysteriös gilt. Ein Antrag auf Erwerbsminderungsrente ist daher meist nur dann erfolgreich, wenn die Ärzte noch andere Krankheiten diagnostizieren.

Eine Ärztin untersucht eine Frau, die sich die Schulter hält.
Fibromyalgie: Die Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente ist schwierig. © imago/Westend61

Was ist Fibromyalgie?

Fibromyalgie ist eine chronische Krankheit. Betroffene haben meist lange Schmerzen, oft in Gelenken, Muskeln, am Rücken. Was Fibromyalgie auslöst, können die Ärzte meist nicht herausfinden, weswegen die Krankheit als mysteriös gilt. Ein Antrag auf Erwerbsminderungsrente ist daher nur dann erfolgreich, wenn die Ärzte noch andere Krankheiten bei den Betroffenen diagnostizieren.

VdK-Beratung zeigt: Antrag auf EM-Rente schwierig

Wie schwierig es ist, "nur" mit Fibromyalgie einen Antrag auf eine Erwerbsminderungsrente durchzusetzen, zeigen die Rückmeldungen aus der sozialrechtlichen Beratung, die der Sozialverband VdK bundesweit anbietet. „Wenn es außer der Fibromyalgie keine weiteren Erkrankungen gibt, ist eine Bewilligung meiner praktischen Erfahrung nach so gut wie ausgeschlossen beziehungsweise chancenlos“, sagt Mathias Hochmuth, Kreisgeschäftsführer des VdK-Kreisverbands Unterallgäu in Memmingen. 

Ähnliches berichtet auch Christian Hartmann, Kreisgeschäftsführer des VdK-Kreisverbands Bayreuth: „Nach herrschender Auffassung der hiesigen Behörden und des Sozialgerichts Bayreuth kommen wir erst dann in den Bereich einer Berentung, wenn sich aufgrund der Schmerzstörung eine behandlungsbedürftige Depression entwickelt hat.“ Insofern gebe es eine Vielzahl erfolgreich vertretener Fälle, wenn zusätzlich eine Depression aufgrund der Schmerzen bestehe. „Auch muss die Diagnose Fibromyalgie durch einen Rheumatologen gesichert sein. Hausärztliche Diagnosestellungen werden hier von den Behörden und vom Sozialgericht nicht akzeptiert.“

„Das Wort ‚Fibromyalgie‘ haben wir im Kreisverband Ansbach schon ziemlich lange nicht mehr auf Bescheiden oder in Gutachten gelesen“, erzählt VdK-Kreisgeschäftsführer Markus Schubert. Die Deutsche Rentenversicherung und die Knappschaft würden seit Längerem die Diagnose Fibromyalgie in einzelne Erkrankungen aufteilen, beispielsweise in eine psychische, orthopädische, neurologische oder rheumatische.

Wie zwei Fälle beim VdK-Landesverband Sachsen zeigen, werden Klagen auf Erwerbsminderungsrenten, die allein wegen einer Fibromyalgie-Diagnose eingelegt wurden, meist im Rahmen der mündlichen Verhandlung mangels Erfolgsaussichten wieder zurückgenommen.

Forschung ist sich sicher: Fibromyalgie ist nicht psychisch bedingt

Dabei hatten Wissenschaftlerinnen des Universitätsklinikums Würzburg 2013 bei einer Studie mit 35 Patienten erstmals einen eindeutigen Nachweis erbracht, dass die Erkrankung nicht psychische, sondern körperliche Ursachen hat. Schäden an den abertausenden kleinen Nervenfasern sind verantwortlich für die quälenden Symptome am ganzen Körper, wie Professorin Dr. Claudia Sommer mit ihrem Team herausgefunden hat. „Bis sich daraus jedoch eine neue, sichere Standarddiagnostik etabliert, braucht es noch Zeit und mehr Studienergebnisse“, sagt die Neurologin.

Darüber hinaus wurde Fibromyalgie 2014 von der Weltgesundheitsorganisation als eigenständige Krankheit anerkannt. Die Auswirkungen von Fibromyalgie sind oft beträchtlich: Viele Betroffene können ihren Alltag nur mit Mühe bewältigen oder müssen ihre Arbeit aufgeben. Neben den Schmerzen leiden sie meist unter Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Müdigkeit und geringer Leistungsfähigkeit.

Viele laufen von einem Arzt zum anderen. Im Schnitt dauert es zweieinhalb Jahre, bis die Diagnose Fibromyalgie gestellt wird. Dabei werden die Betroffenen von den Ärzten häufig immer noch nicht ernst genommen. „Patienten, bei denen ein Verdacht auf Fibromyalgie besteht, sollten daher unbedingt einen Facharzt mit zusätzlicher Qualifikation als Schmerztherapeut konsultieren“, rät Professorin Sommer.

Schätzungen zufolge leiden etwa zwei bis vier Prozent der Bevölkerung westlicher Industrienationen unter Fibromyalgie, Frauen häufiger als Männer. Eine davon ist übrigens Popstar Lady Gaga. Die Erkrankung ist bisher nicht heilbar, zudem ist ihr Verlauf – nicht zuletzt aufgrund der Vielzahl möglicher Symptome – individuell sehr unterschiedlich.

Fibromyalgie: Austausch in Selbsthilfegruppen

Mithilfe eines multimodalen Konzepts, das verschiedene Therapieverfahren kombiniert, lassen sich zumindest die Beschwerden lindern. Die Behandlung umfasst eine Bewegungstherapie mit individuellem Kraft- und Ausdauertraining, eine kognitive Verhaltenstherapie, bei der Patienten lernen, mit der Krankheit besser umzugehen, Entspannungsübungen wie Tai-Chi oder Yoga sowie verschiedene Medikamente wie Schmerzmittel oder Antidepressiva. Auch Akupunktur, Schröpfmassage und Hypnose können helfen.

Wer sich mit anderen über die Erkrankung austauschen möchte, kann sich an eine der zahlreichen Selbsthilfegruppen wenden. Einige davon sind auf der Externer Link:Website der Deutschen Fibromyalgie Vereinigung aufgelistet.