Entlassmanagement: Hilflos nach der Operation
Viele VdK-Mitglieder machen negative Erfahrungen bei der Entlassung aus dem Krankenhaus. Das Entlassmanagement in Krankenhäusern ist häufig nicht umfassend oder funktioniert nicht. Welche Fragen sollten Betroffene rechtzeitig klären?
![Gepackte Reisetasche auf Krankenhausbett](/assets/bundesverband/_processed_/5/0/csm_imago0072761842h_e449ed4ee4.jpg)
Häufig: Lückenhafte oder schlechte Betreuung
Nach einem Aufruf in der Externer Link:VdK-Zeitung hatten uns weit über 100 VdK-Mitglieder über ihre Erfahrungen mit dem Sozialdienst nach einem überstandenen Krankenhausaufenthalt berichtet.
Knapp drei Viertel der Befragten schildern negative Erfahrungen. Dabei ist ein umfassendes Entlassmanagement seit 2015 gesetzlich verankert. Für diesen Anspruch hatte sich der VdK damals mit viel Nachdruck eingesetzt. Aus den detaillierten Zuschriften der VdK-Mitglieder wird deutlich, dass es sehr große Qualitätsunterschiede beim Entlassmanagement in den Krankenhäusern geben kann.
Berichte von Mitgliedern, die gar nicht vom Sozialdienst betreut wurden, sind nicht selten. Eine lückenhafte oder mangelhafte Betreuung durch den Sozialdienst ist auch weit verbreitet. So kann es passieren, dass nach einer überstandenen Operation hilflose Patientinnen oder Patienten nach Hause entlassen werden, ohne dass die Versorgung durch Pflege, Haushaltshilfe oder ausreichende Medikamente sichergestellt ist und organisiert wird.
Negative Erfahrungen unserer Mitglieder
Ein Mitglied schildert, wie ihr eine Sozialarbeiterin nach der Behandlung nach einem Autounfall eine Adressenliste zuwarf: Aus Zeitgründen könne der Sozialdienst bei der Suche nach einem Platz in der Kurzzeitpflege nicht helfen. Sie als Patientin solle sich selbst darum kümmern, wo sie nach dem Krankenhaus unterkomme. Das Mitglied organisierte sich dann vom Krankenbett aus selbst einen Pflegedienst.
Fassungslos berichtet ein Mitglied, was ihm in einer Klinik in Frankfurt am Main passiert ist. Am Vormittag wurde er als Notfall mit Herzinsuffizienz eingeliefert, noch am selben Tag wurde ihm ein Dokument zur Unterschrift vorgelegt. Nur mit Mühe konnte der Patient wahrnehmen, was er fast unterschrieben hätte: Mit seiner Unterschrift hätte er auf die Ansprüche auf ein Entlassmanagement verzichtet.
Eine besonders negative Erfahrung hat ein VdK-Mitglied aus Baden-Württemberg gemacht. Die Entlassung ihres Ehemanns aus dem Krankenhaus erfolgte nicht aus medizinischen Gründen, sondern sie wurde mit finanziellen Motiven der Klinik begründet. Der Sozialdienst teilte der Ehefrau im Vorbeigehen mit: “Sie müssen ihren Mann nach Hause nehmen, die Fallpauschale läuft aus.”
Aus den zugesandten Berichten der Mitglieder hat der VdK Forderungen für ein Entlassmanagement für die kommende Krankenhausreform abgeleitet und diese an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach übergeben. Der Sozialdienst in allen Krankenhäusern muss über Vorhaltepauschalen und nicht über ein durch Fallpauschalen gedeckeltes System finanziert werden.
Qualifiziertes Personal ist notwendig
Unabhängig davon, wie die Krankenhausreform die Systematik der Kliniken neu ordnen wird und in welche Versorgungslevel oder Leistungsgruppen die Häuser eingeordnet werden: In allen Krankenhäusern muss es auch zukünftig einen gut funktionierenden Sozialdienst geben. Patientinnen und Patienten müssen – auch nach ambulanten Behandlungen – im Krankenhaus durch qualifiziertes Personal im Entlassmanagement unterstützt werden.
Für VdK-Präsidentin Verena Bentele sind die Forderungen an die Gesundheitspolitik daher klar: “Der Anspruch auf ein Entlassmanagement steht unmissverständlich im Gesetz. Nun muss es auch funktionieren. Trotz struktureller Veränderungen durch die Krankenhausreform dürfen Patientinnen und Patienten nicht ohne Unterstützung entlassen werden.”
Tipps für die Zeit nach der Entlassung
Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus kann es sein, dass die Patientin oder der Patient nur für eine kurze Zeit Unterstützung benötigt – es kann aber auch sein, dass die Lebenssituation sich entscheidend verändert und zum Beispiel ein Pflegebedarf entstanden ist oder sogar ein Umzug in eine Pflegeeinrichtung, in betreutes Wohnen oder ähnliches nötig wird.
Worauf können und sollten Patientinnen und Patienten und deren Angehörige achten, wenn die Entlassung aus einer stationären Anrichtung bevorsteht, und in der Zeit danach? Folgende Fragen sollten Betroffene frühzeitig klären. Zögern Sie nicht, im Krankenhaus alles gezielt nachzufragen, was Ihnen unklar ist und wobei Sie Unterstützung benötigen.
- Wer organisiert den Transport vom Krankenhaus nach Hause bzw. zurück ins Pflegeheim?
- Welche wichtigen Dokumente werden bei der Entlassung ausgehändigt? (Entlassbericht, Arztbrief …)
- Nach der Entlassung kann es sein, dass dass der oder die Patientin nicht allein zuhause bleiben kann. Daher rechtzeitig vorab klären, wer sich zu Hause kümmern kann, wenn es Unterstützungsbedarf gibt: Können Verwandte, Bekannte, Nachbarn und Freunde einbezogen werden? Gibt es gesetzliche Vertreter oder Betreuer?
- Wird professionelle Hilfe benötigt oder müssen zusätzliche Leistungen beantragt werden? Der Sozialdienst des Krankenhauses hilft dabei, eine Haushaltshilfe, einen Pflegedienst, Kurzzeitpflege und anderes mehr zu organsieren, bei Bedarf auch eine Palliativversorgung oder eine Intensivpflege.
- Auch bei der Beschaffung von Hilfsmitteln, die nach der Entlassung zuhause benötigt werden (zum Beispiel Pflegebett, Rollstuhl, Toilettensitz), kann der Sozialdienst behilflich sein.
- Wer ist Ansprechpartner, wenn es nach der Behandlung oder Operation Komplikationen oder Probleme gibt?
- Wie sehen der weitere Behandlungsverlauf, die Anschlussbehandlung aus? Welche Termine müssen vereinbart werden? (Hausarzt, Physiotherapie, Reha-Maßnahmen …)
- Welche (ggf. neu hinzugekommenen) Medikamente werden nach der Entlassung benötigt und wer kann diese organisieren?
- Muss ein Pflegegrad neu beantragt werden oder hat sich der Pflegebedarf erhöht? Wie man einen Pflegegrad beantragt, Externer Link:erklären wir auf dieser Seite.
- Mit den VdK-Broschüren zum Thema Pflege informieren: Sollte häusliche Pflege notwendig sein, können Sie sich in unserer kostenlosen Broschüre umfassend informieren: Externer Link:Pflege-Ratgeber herunterladen