Kategorie Erfolgsgeschichte Pflegebedürftige Kinder Gesundheit

Diabetes: VdK setzt Antrag auf Schulbegleitung durch

Von: Jörg Ciszewski

Eilantrag vor dem Sozialgericht erfolgreich: Sechsjähriger Junge mit Diabetes muss bei Insulintherapie unterstützt werden

Das Bild zeigt eine Kinderhand, deren kleiner Finger einen Tropfen Blut zeigt. In der rechten Hand hält das Kind die Lanzette als Stechhilfe, hat sich gerade gepiekst, um den Blutzucker zu bestimmen.
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VdK setzt Anspruch vor Gericht durch

Ein sechsjähriger Junge mit Diabetes Typ 1 kann sich eigenverantwortlich um seine Insulintherapie kümmern. Das war die Auffassung einer Krankenversicherung, die deshalb keine Notwendigkeit einer Schulbegleitung für das Kind sah. Der Externer Link:VdK Hessen-Thüringen sah das anders, zog vor das Sozialgericht Darmstadt und setzte den Anspruch durch (Aktenzeichen: S KR 423/23 ER).

Antons Geschichte

Anton stand kurz vor der Einschulung, als er im Juli 2023 die Diagnose Diabetes mellitus Typ 1 erhielt. Seine Bauchspeicheldrüse produziert kein Insulin, deshalb muss ihm dieses Hormon mehrmals täglich gespritzt werden. Die Nachricht über die chronische Krankheit war ein Schock für die ganze Familie.

Antons Mutter Kathrin Schäfermeier beantragte bei der Krankenkasse eine pflegerische Begleitperson für die Schule, um dort Antons Insulintherapie sicherzustellen. Sie legte dem Antrag eine Verordnung für Häusliche Krankenpflege (HKP) und ein Attest des Zen-trums für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsmedizin Mainz für eine Schulbegleitung bei.

Der Medizinische Dienst (MDkurz fürMedizinischer Dienst) prüfte und erkannte an, dass eine Schulbegleitung für Anton notwendig ist, um etwa bei einer Unterzuckerung einzugreifen. Die Krankenkasse lehnte die Übernahme aber ab: Die Schulbegleitung sei keine Leistung der medizinischen Behandlungspflege und die Krankenversicherung deshalb nicht zuständig. Die Leistung müsse von der Kommune übernommen werden. Deshalb stellte Schäfermeier einen Antrag beim Kreisausschuss Groß-Gerau. Das Amt erklärte sich für nicht zuständig und leitete den Antrag an die Krankenkasse zurück.

Verzweiflung und finanzielle Probleme

Als die Kasse ankündigte, beim MDkurz fürMedizinischer Dienst eine weitere Stellungnahme in Auftrag zu geben, um den Anspruch zu prüfen, waren seit Antons Einschulung bereits zweieinhalb Monate vergangen. Und die Entscheidung drohte sich weiter zu verzögern. Antons Mutter, die kurzerhand selbst die Schulbegleitung übernommen hatte, war verzweifelt. „Das langwierige Ping-Pong-Spiel zwischen den verschiedenen Stellen und die Ungewissheit, wie es weitergeht, haben mich stark belastet.“ Sie konnte ihrem Beruf nicht mehr nachgehen und geriet finanziell in Schwierigkeiten.

In dieser Situation wandte sie sich an die Rechtsberaterin Jana Stein vom VdK Hessen-Thüringen. Stein beantragte beim Sozialgericht Darmstadt eine einstweilige Anordnung, um die Entscheidung zu beschleunigen. Das Gericht gab dem Antrag statt. Anton sei nicht zuzumuten, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Er benötige während des Unterrichts und der schulischen Aktivitäten ständige Beobachtung, damit mit geeigneten Maßnahmen Über- oder Unterzuckerungen vermieden werden, so das Gericht.

Schulbegleitung endlich durchgesetzt

Trotz der Verwendung eines modernen Blutzuckersensors und damit verbundener Insulinpumpe bestehen für Anton lebensgefährliche Risiken, wenn er unbeaufsichtigt ist, erklärt Kathrin Schäfermeier: „Wenn Anton zum Beispiel bei der Eingabe seines Insulinwerts in das Handy die Zahlen verdreht und dadurch zu viel Insulin gepumpt wird, kann das für ihn tödlich sein.“

Erleichtert durch den Gerichtsbeschluss fand Schäfermeier schließlich einen Träger, der seit dem 10. Juni, rund ein halbes Jahr nach dem Beschluss, die Schulbegleitung übernimmt.

Warum die Situation für Kinder mit Diabetes, die eine Begleitung benötigen, so kompliziert geworden ist und Krankenkassen die Übernahme der Kosten oft verweigern, liegt an einer Gesetzesänderung aus dem vergangenen Jahr. Dazu lesen Sie unter dem Artikel mehr Informationen.