Muss man eine Behinderung in der Bewerbung angeben?
Menschen mit Behinderung haben es oft schwer, eine Arbeitsstelle zu finden. Viele Arbeitgeber haben Vorurteile. Wie sollte man mit einer Beeinträchtigung oder Behinderung im Bewerbungsschreiben und im Vorstellungsgespräch umgehen?
Fragen und Antworten für Bewerber/innen mit Behinderung
Grundsätzlich ist man nicht verpflichtet, seine im Bewerbungsschreiben offenzulegen. Eine Pauschallösung gibt es hier jedoch nicht. Das hängt stark von der Stelle und von der Art der Behinderung ab. Ist Letztere nicht zu übersehen und werden eventuell besondere Anforderungen an den Arbeitsplatz gestellt, sollte sie nicht verschwiegen werden. Ist man beispielsweise auf den Rollstuhl angewiesen und wird zum Vorstellungsgespräch eingeladen, dann sollte das der Arbeitgeber auch vorab wissen.
Wer sich auf eine Stelle im öffentlichen Dienst bewirbt und zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden will, sollte die Tatsache, dass er schwerbehindert ist, durchaus schon im Bewerbungsschreiben angeben. Denn schwerbehinderte Stellenbewerber haben bei öffentlichen Arbeitgebern einen Anspruch auf ein Vorstellungsgespräch, wenn sie die geforderten Qualifikationen erfüllen. Den schriftlichen Bewerbungsunterlagen ist eine Kopie des Schwerbehindertenausweises beizufügen.
Der Arbeitgeber kann sich überrumpelt fühlen. Viele Unternehmen sind überfordert, wenn sie ohne Vorwarnung mit einer sichtbaren Behinderung konfrontiert werden. Zusätzlich kann sich der Personalverantwortliche fragen, wieso der Bewerber die Behinderung verschwiegen hat und was er sonst noch verschweigt.
Die Frage gilt als ebenso unzulässig, wie zum Beispiel sich nach einer Schwangerschaft zu erkundigen. Fragen wie diese können bei einer anschließenden Ablehnung des Bewerbers als Hinweis für eine Diskriminierung ausgelegt werden. Dennoch wird manchmal nach einer Behinderung gefragt. In der Praxis hilft es dann nicht, den Arbeitgeber auf die Unzulässigkeit hinzuweisen. Insofern ist es ratsam, sich im Vorstellungsgespräch auf eine solche Frage einzustellen.
Nach sechs Monaten, also nach dem Erwerb des Sonderkündigungsschutzes für Menschen mit Behinderung, ist die Frage des Arbeitgebers nach der Schwerbehinderung zulässig. Dazu gibt es auch einige Gerichtsurteile.
Grundsätzlich sollten die Stärken und Qualifikationen im Vordergrund stehen. Der Bewerber muss sich darauf konzentrieren, was er dem Unternehmen als Mitarbeiter bieten kann. Die Entscheider sollen den Eindruck haben: Da bewirbt sich jemand in erster Linie als Fachfrau oder Fachmann, und die Behinderung hat keinerlei Einfluss auf Können und Motivation.
Viele gehen automatisch davon aus, dass ein Mensch mit Behinderung weniger leistungsfähig ist als ein nicht behinderter Mitarbeiter. Außerdem ist bei schwerbehinderten Arbeitnehmern arbeitsrechtlich einiges zu beachten: Sie haben ein Recht auf eine Woche Zusatzurlaub, einen verbesserten Kündigungsschutz und eine behindertengerechte Ausstattung ihres Arbeitsplatzes. Diese für einen Arbeitgeber negativen Aspekte sollten bei einer Bewerbung ausgeglichen und ins Positive gewandelt werden. So können Menschen mit Behinderung zum Beispiel mit Durchhaltevermögen und Organisationsfähigkeit punkten.
Aus seiner Beratungspraxis kennt der Sozialverband VdK viele solcher Beispiele. Menschen mit einer Behinderung haben entgegen dem Klischee oft weniger Fehlzeiten als ihre nicht behinderten Kollegen, sind gleich qualifiziert und leistungsstark. Davon können auch die Schwerbehindertenvertretungen in vielen Unternehmen berichten. Der Sozialverband VdK schult diese betrieblichen Interessensvertretungen. Der VdK wird auch weiterhin Druck machen, damit die Gestaltungs- und Mitwirkungsrechte der betrieblichen Interessenvertretungen weiterentwickelt werden. Denn nur so wird die Integration von Menschen mit Behinderung zielgerecht gefördert.