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Wer betreut wird, darf nicht wählen
Wir haben über das Wahlrecht von Menschen mit körperlichen Behinderungen berichtet. Aber wie sieht es für Menschen mit geistiger Behinderung aus? Um dem Thema gerecht zu werden, haben wir uns entschieden, neben den rechtlichen Grundlagen auch einen Gastkommentar von zwei Müttern als Denkanstoß mitzugeben.
Das Wahlrecht für Menschen mit geistiger Behinderung
Rechtlich ist im Bundeswahlgesetz folgendes für Deutschland geregelt: Ausgeschlossen vom Wahlrecht ist der,[ ] "wer infolge Richterspruchs das Wahlrecht nicht besitzt, derjenige, für den zur Besorgung aller seiner Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist [ ]." Dieser Abschnitt aus §13 des Bundeswahlgesetzes führt dazu, dass Menschen, die auf Grund eines Richterspruchs einen Betreuer haben müssen, automatisch aus dem Wahlregister gestrichen werden.
Landtagswahl sieht anders aus
Anders ist es bei Wahlen auf Landesebene. So konnten Menschen, die einen Betreuer hatten, am 14. Mai 2017 bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen Ihre Stimme abgeben. (Landeswahlordnung, §38, Stimmabgabe behinderter Menschen). Dabei war es in NRW nach der Wahlordnung auch möglich, dass eine Hilfsperson mit dem Wähler die Wahlkabine aufsuchte: "Die Hilfeleistung hat sich auf die Erfüllung der Wünsche des Wählers zu beschränken."
Bentele: Betreuer ist kein Grund für Wahlausschluss
Die deutsche Gesetzeslage wird im Vorfeld von Behindertenverbänden und auch von Verena Bentele, die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Menschen mit Behinderungm, kritisiert: "Die gesetzlichen Ausschlusstatbestände des Bundeswahlgesetzes sind auch mit Blick auf die UN-Behindertenrechtskonvention nicht mehr haltbar. Hinsichtlich des Ausschlusstatbestandes, der an die Bestellung einer Betreuerin oder eines Betreuers in allen Angelegenheiten anknüpft, ist festzuhalten, dass eine vermeintlich fehlende Einsichtsfähigkeit kein Grund sein darf, erwachsene Menschen mit Behinderungen vom Wahlrecht auszuschließen."
Studie: §13 ist verfassungskonform
Im vergangenen Jahr veröffentlichte das Bundessozialministerium eine Studie unter dem Namen:
- Studie zum aktiven und passiven Wahlrecht von Menschen mit Behinderung (5.3 MB, PDF-Datei)
Die Studie hält den §13 des Bundeswahlgesetzes für verfassungskonform. Die Wissenschaftler empfehlen keine ersatzlose Streichung des §13 des Bundeswahlgesetzes und befürworten auch nicht eine Einzelfallprüfung. Ihre Begründung: Im betreuungsgerichtlichen Verfahren wurde bereits eine Einzelfallprüfung vorgenommen, die zum Schluss kommt, dass die betreffende Person einen Betreuer braucht.
Lesen Sie auch unseren Gastkommentar: Wahlausschluss gehört abgeschafft
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