Therapiedreirad ermöglicht soziale Teilhabe
Der VdK Hessen-Thüringen hat ein Therapiedreirad für einen Jungen mit Down-Syndrom erstritten. Das ermöglicht dem Kind, mit Gleichaltrigen zu spielen und sich in der Umgebung seines Elternhauses selbstständiger fortzubewegen.
Zuschauen statt Mitspielen
Wenn seine Brüder mit Kindern aus der Nachbarschaft auf dem großen Parkplatz gegenüber des Wohnhauses spielen, kann Florian (Name von der Redaktion geändert) oft nur zuschauen. Er hat Down-Syndrom, und seine Muskulatur ist schwächer ausgeprägt als bei anderen Kindern. Deshalb trägt er eine Orthese, die den Körper stabilisiert. Wegen einer Fehlstellung seiner Beine fällt ihm das Laufen schwer.
Während Florian in der Schule mit Kindern ohne Behinderung unterrichtet wird, bleibt er nach Schulschluss beim Spielen wegen seiner körperlichen Einschränkungen oft außen vor. „Das macht etwas mit einem Kind und seinem Selbstwertgefühl“
, ist Florians Mutter Anke Könert (Name von der Redaktion geändert) überzeugt.
Krankenkasse lehnt das Dreirad ab
Als der Junge vier Jahre alt ist, beantragt seine Mutter bei der Krankenkasse ein Therapiedreirad und reicht dafür eine ärztliche Verordnung und einen Kostenvoranschlag ein. Ihr Wunsch ist, dass Florian mit einem solchen Dreirad mobiler wird und mehr mit anderen Kindern unternehmen kann. Vor dem Antrag auf Kostenübernahme bei der Kasse hat Florian ein Dreirad in einem Sanitätshaus ausprobiert und war begeistert.
Doch die Krankenkasse lehnt den Antrag ab. Das Therapiedreirad sei medizinisch nicht notwendig. Außerdem könne Florian das Rad nicht nutzen, ohne eine große Gefahr für sich und andere Verkehrsteilnehmer zu sein.
Ihrem Widerspruch gegen die Ablehnung der Krankenkasse fügt Anke Könert Fotos ihres Sohnes bei, auf denen er auf einem Dreirad zur Probe fährt. Sie macht zudem deutlich, dass es wichtig für die soziale Integration des Jungen ist und ihm ermöglicht, zusammen mit anderen auf der ruhigen Wohnstraße und den angrenzenden Flächen zu spielen. Dabei würden andere Kinder oft Rad oder Laufrad fahren. Doch die Krankenkasse bleibt bei ihrer Ablehnung und ihrer Begründung.
Mit der Unterstützung von VdK-Juristin Marlen Holnick von der Externer Link:Bezirksgeschäftsstelle in Darmstadt klagt Anke Könert vor dem Sozialgericht Darmstadt.
Mitglied werden
Grundbedürfnis des Kindes erfüllt
Mit Erfolg. Das Gericht erkennt an, dass die besondere Wohnsituation Florian die selbstständige Nutzung des Dreirads ermöglicht. Denn die Spielflächen der Kinder sind in unmittelbarer Nähe zum Wohnhaus in einer ruhigen Sackgasse. Ohne das Dreirad wäre der Junge von diesen Aktivitäten ausgeschlossen, weil er wegen der Fehlstellung seiner Beine nicht schnell laufen kann, ohne Spätfolgen für das Knie zu riskieren.
Mit dem Therapiedreirad würde laut Gericht ein Grundbedürfnis des Kindes erfüllt, nämlich mit anderen Kindern zu spielen. Das sei in diesem Lebensalter wesentlich für die Entwicklung des Kindes und dessen soziale Teilhabe.
Könert freut sich über das Urteil am Ende des fast vierjährigen Verfahrens. „Ich war zwischenzeitlich desillusioniert. Und es hat mich wirklich verletzt, was die Krankenkasse über meinen Sohn geschrieben hat, ohne ihn je vor Ort erlebt zu haben“,
sagt sie.
Frustrierend sei zudem gewesen, dass in der Zeit des Verfahrens andere Kinder mit Down-Syndrom von anderen Krankenkassen viel schneller ein Therapiedreirad bewilligt bekamen. „Das hat mich dann aber auch motiviert, nicht aufzugeben. Jede Mutter will schließlich für ihr Kind das Beste.“