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Schlaganfall: Kasse muss Kosten für Therapie in privater Praxis erstatten

Von: Jörg Ciszewski

Nach einem Schlaganfall ist Michael B. erleichtert, dass die Krankenkasse die Kosten für die Physiotherapie übernimmt, obwohl die Praxis keine Kassenzulassung hat. Doch dann ist plötzlich Schluss mit der Erstattung. Der VdK legt Klage ein.

Ein Überweisungsschein zum Facharzt mit der Aufschrift "Orthopäde"
© IMAGO / Panthermedia / Zerbor

Volle Erwerbsminderungsrente nach Schlaganfall

Das Schicksal schlägt nach einem stressigen Arbeitstag zu: Michael B. (Name von der Redaktion geändert) hat es sich gerade mit seiner Freundin auf dem Sofa gemütlich gemacht. Der 42-Jährige steht noch einmal auf, um aus dem Bad Tabletten gegen die stechenden Kopfschmerzen zu holen. Dann sackt er weg und stürzt zu Boden. Geistesgegenwärtig ruft seine Freundin den Rettungswagen.

B. hat einen Schlaganfall erlitten. Seine linke Körperhälfte ist gelähmt. Er kann seinen Beruf nicht mehr ausüben. Damals spielt der Elektroentwickler gerade mit dem Gedanken, sich selbstständig zu machen. „Zum Glück“, sagt er, „war ich zu dem Zeitpunkt aber noch in der gesetzlichen Rentenversicherung.“ Er bekommt eine volle Erwerbsminderungsrente.
 

Krankengymnastik weiter medizinisch notwendig

B. wendet sich daraufhin an den VdK Baden-Württemberg und nimmt Kontakt zu Yvonne Bellmann in Reutlingen auf. Die Juristin legt zunächst Widerspruch gegen die Ablehnung ein, dann klagt sie vor dem Sozialgericht.

Sie legt dar, dass ihr Mandant gute Fortschritte macht, aber die Therapie nicht abgeschlossen ist. Die Krankengymnastik ist weiter medizinisch notwendig. Laut Sozialgesetzbuch sei in so einem Fall vorgesehen, dass die Kosten für den nicht zugelassenen Leistungserbringer erstattet werden, wenn die Krankenkasse zuvor zugestimmt hat. Sie kann allerdings ablehnen, wenn die Behandlung zunächst selbst finanziert wurde und das Mitglied erst später eine Kostenerstattung beantragt.

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Therapie in Privatpraxis bringt Erfolge

Nach dem Schlaganfall steht er vor einem Berg an Problemen. Sein Arbeitgeber legt ihm Steine in den Weg, und er muss sein Gehalt einklagen. Auch die Suche nach der richtigen Physiotherapie gestaltet sich schwierig. Eineinhalb Jahre ist er in einer großen Physiotherapiepraxis. Allerdings wechseln die Therapeuten häufig, und es geht überhaupt nicht voran.

Schließlich erfährt er von einer renommierten Physiotherapeutin, die ihre Privatpraxis im rund 25 Kilometer entfernten Tübingen hat. Die Therapeutin ist spezialisiert auf Schlaganfallpatienten und genießt Anerkennung. B. bemüht sich um Termine und bezahlt die ersten Sitzungen aus eigener Tasche. Er ist begeistert, wie schnell sich erste Ergebnisse einstellen.

Doch der Erwerbsminderungsrentner kann sich die Behandlung nicht leisten. Deshalb wendet er sich an seine Krankenkasse und erfährt am Telefon, dass die Kosten zu rund drei Viertel erstattet werden. So kann er die Therapie fortsetzen und spürt schnell die positiven Effekte. „Ich habe in drei Monaten mehr Fortschritte gemacht als in den eineinhalb Jahren zuvor“, sagt B. Rund sechs Jahre geht alles reibungslos. Doch dann, als der Sachbearbeiter wechselt, weigert sich die Krankenkasse plötzlich zu zahlen.

In der Begründung heißt es: Privatrechnungen können nur unter bestimmten Bedingungen erstattet werden, die bei ihm aber nicht erfüllt seien. Außerdem sei die erforderliche Krankengymnastik bei einem zugelassenen Therapeuten in Wohnortnähe erhältlich.

Alte Aktennotiz dokumentierte eine Zusage am Telefon

Die Kasse versucht, die Bewilligung auf Kostenübernahme im Nachhinein für unwirksam zu erklären. Das gelingt ihr nicht. Zudem kann Bellmann eine alte Aktennotiz anführen, wonach der Sachbearbeiter der Erstattung am Telefon zugestimmt hatte.

Das Gericht ist von der Rechtsposition des VdK noch nicht überzeugt und teilt das mit. Bellmann führt deshalb in einem weiteren Schreiben ihre Argumente aus, und es kommt zu einer mündlichen Gerichtsverhandlung mit dem Ergebnis, dass die Krankenkasse künftig und rückwirkend die Kosten für die Therapie erstatten muss.

Michael B. ist erleichtert. Er hofft, bald wieder voll in die Therapie einsteigen zu können. Seitdem er selber zahlen musste, hatte er aus Kostengründen reduziert.

Yvonne Bellmann hält das Urteil für wichtig: „Viele wissen nicht, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Krankenkasse Kosten erstatten muss, die bei einer privatärztlichen Behandlung entstehen.“