Achtung, Eigenbeteiligung: Kurzzeitpflege auf eigene Kosten
Wer unmittelbar nach einer Operation noch nicht fit genug ist, um nach Hause zurückzukehren oder eine Reha anzutreten, bekommt oft vom Arzt den Rat, sich in Kurzzeitpflege zu begeben. Doch das kann teuer werden: Patienten bezahlen einen erheblichen Eigenanteil.
Dieter Bellgardt staunte nicht schlecht, als er nach der Kurzzeitpflege die Rechnung erhielt. Der Beisitzer des VdK-Kreisverbands Ingolstadt-Eichstätt hatte sich bei einem Sturz im September 2018 einen Bänderriss zugezogen. Er musste operiert werden und wurde nach acht Tagen wieder entlassen. Weil ihn seine Frau aus gesundheitlichen Gründen nicht pflegen konnte, entschied er sich, bis zum Antritt der Reha in die Kurzzeitpflege zu gehen. Vier Wochen wurde er in der Einrichtung gepflegt. Trotz ärztlicher Verordnung musste er 1700 Euro aus eigener Tasche bezahlen.
Mit dem Krankenhausstrukturgesetz, das 2016 in Kraft getreten ist, hat der Gesetzgeber für gesetzlich Krankenversicherte eine Versorgungslücke geschlossen, die bei „blutigen Entlassungen”
immer wieder entstanden war. Gerade Alleinstehende, darunter viele Ältere, hatten oft Probleme, sich beispielsweise nach einer OPkurz fürOperation selbst zu versorgen. Sie bekommen seither Unterstützung. Die Krankenkassen bezahlen eine Haushaltshilfe, den Einsatz eines Pflegedienstes oder die Kurzzeitpflege in einem Heim. Voraussetzung ist, dass die Versorgung vom Arzt verordnet wird.
Anspruch auf Kurzzeitpflege ist schnell aufgebraucht
Die Sache hat allerdings einen Haken: Der Anspruch auf Kurzzeitpflege gilt nur für wenige Wochen im Jahr oder für Pflegekosten in Höhe von bis zu 1.774 Euro. Wer einen Externer Link:Pflegegrad hat, kann im Anschluss eine Verhinderungspflege beantragen. Patienten ohne anerkannte Pflegebedürftigkeit – wie Bellgardt – jedoch nicht.
Wie hoch der Tagessatz für einen Kurzzeitpflegeplatz je nach Pflegeaufwand ausfällt, ist bundesweit sehr unterschiedlich. Dieter Bellgardt wurde nach Pflegegrad 2 abgerechnet. Die Einrichtung in Ingolstadt erhob einen Tagessatz von 77 Euro. Die von der Krankenkasse bereitgestellten 1.612 Euro (mittlerweile sind es 1.774 Euro, Anmerkung der Redaktion) waren also bereits nach drei Wochen aufgebraucht.
Zu den Pflegekosten kommen die sogenannten Hotelkosten für Unterkunft und Verpflegung sowie mögliche Investitionskosten hinzu. Hier liegt der Tagessatz bei etwa 35 Euro, das Heim in Ingolstadt berechnete 38 Euro. Diesen Betrag muss der Versicherte komplett selber tragen. Ein Tag in der Ingolstädter Kurzzeitpflege kostete also insgesamt 105 Euro.
Krankenkasse übernimmt nicht alle Kosten
Viele Patienten wissen nicht, dass sie einen hohen Betrag aus eigener Tasche bezahlen müssen. Weil es sich um eine ärztlich verordnete Leistung handelt, denken sie, die Kosten würden von der Krankenkasse übernommen. Auch Bellgardt war davon überzeugt: „Auf die Eigenbeteiligung wurde ich nicht hingewiesen”
, sagt er. Eine Woche Pflege zuzüglich vier Wochen Hotel- und Investitionskosten kosteten ihn am Ende 1.700 Euro.
Bellgardt ist kein Einzelfall. Viele Patienten werden nach einer Operation bereits ein paar Tage später wieder aus dem Krankenhaus entlassen. Wenn sie nicht fit genug sind, warten sie in der Kurzzeitpflege auf den Antritt der Reha – und bezahlen.
Für Rentnerinnen und Rentner, die nur niedrige Einnahmen haben und nicht auf Ersparnisse zurückgreifen können, besteht die Möglichkeit, beim zuständigen Bezirk einen Antrag auf Kostenübernahme zu stellen. Dies sollte noch vor dem Beginn der Kurzzeitpflege erfolgen. Der Bezirk übernimmt dann, wie bei der Hilfe zur Pflege, den Eigenanteil des Patienten.
Alle anderen Versicherten müssen selbst bezahlen. Der Sozialverband VdK kritisiert diese Situation: „Es darf nicht sein, dass Versicherte durch Zuzahlungen an die Grenze ihrer Belastungsfähigkeit gebracht werden”
, sagt VdK-Präsidentin Verena Bentele. Gesundheit und Lebenserwartung der Bürger seien immer stärker mit dem Einkommen und der sozialen Schicht, der sie angehörten, verknüpft. Bentele fordert die Bundesregierung auf, ihre Gesundheitspolitik so zu gestalten, dass die Genesung eines Menschen nicht mehr von dessen Geldbeutel abhängt.