Erfolg für den VdK: Kehlkopfkrebs als Berufskrankheit anerkannt
Der VdK Baden-Württemberg und die Bundesrechtsabteilung des VdK haben auf dem Klageweg erreicht, dass die Kehlkopfkrebserkrankung eines Mitglieds als Berufskrankheit anerkannt wird – obwohl der Mann stark rauchte.
Wir bedauern, dass es nicht zu einer höchst-richterlichen Entscheidung des BSG gekommen ist, um Rechtssicherheit für gleichgelagerte Fälle zu schaffen.
Schweißer arbeitete viele Jahre mit gesundheitsgefährdenden Stoffen
Der 1970 geborene Kläger absolvierte eine Ausbildung zum Stahlbauschlosser und arbeitete von 1990 bis 2017 als Schweißer im Rohrleitungs- und Behälterbau. Er schweißte in praktisch jeder Schicht Stahl und war dabei Schweißrauch und Schleifstaub mit Chrom- und Nickelanteilen ausgesetzt. Zudem rauchte er bis 2017 insgesamt 20 Jahre lang 15 bis 20 Zigaretten täglich.
Im Juni 2016 wurde bei dem Mann ein Kehlkopfkarzinom diagnostiziert. Ein Sachverständiger bezifferte den Anteil des Rauchens an dem Tumor mit einer Wahrscheinlichkeit von 67 Prozent. Der Beitrag des Chroms und anderer Stoffe an der Erkrankung betrage lediglich rund ein Drittel. Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung einer durch Chrom verursachten Berufskrankheit schließlich ab.
Wesentliche Belastung mit Chrom festgestellt
Daraufhin klagte der Betroffene vor dem Sozialgericht Konstanz. Das Gericht entschied, dass das Kehlkopfkarzinom als Berufskrankheit nach Nummer 1103 (Erkrankungen durch Chrom oder seine Verbindungen) anzuerkennen ist. Die Belastung mit Chrom sei wesentlich für die Erkrankung gewesen. Dass es bisher keinen wissenschaftlich gesicherten Grenzwert gibt, wie hoch die Dosis des Schadstoffes sein muss, um einen Kehlkopfkrebs zu verursachen oder mitzuverursachen, stehe der Entscheidung laut Gericht nicht entgegen.
Neben Chrom war der Kläger zudem weiteren schädigenden Stoffen wie Nickel sowie ionisierenden Strahlen ausgesetzt. Außerdem würdigte das Gericht den Umstand des jungen Alters. Bei Ausbruch der Erkrankung war der Kläger erst 45 Jahre alt. Eine durch Nikotin verursachte Kehlkopfkrebserkrankung komme bei Männern statistisch am häufigsten zwischen 65 und 70 Jahren vor. Die Einwirkung schädigender Berufsstoffe sei nachgewiesen.
VdK zieht gemischtes Fazit
Die Berufsgenossenschaft ging in Berufung gegen das Urteil, so dass sich das Landessozialgericht (LSG) mit dem Fall beschäftigen musste. Die Richter kamen – im Gegensatz zum Sozialgericht – zu dem Schluss, dass die Belastung durch Chrom nicht die wesentliche Ursache des Kehlkopfkarzinoms war. Um die Chrom-Einwirkung als wesentlich für den Krankheitsausbruch zu bezeichnen, sei sie im Vergleich zum Nikotinkonsum zu gering, machte das LSG deutlich.
Daraufhin legte die Bundesrechtsabteilung des VdK beim Bundessozialgericht (BSGkurz fürBundessozialgericht) Revision gegen dieses Urteil ein, um endgültig klären zu lassen, ob eine Berufskrankheit vorliegt.
Zu einer Entscheidung des BSGkurz fürBundessozialgericht kam es aber nicht, weil die Berufsgenossenschaft ihre ursprüngliche Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts plötzlich in der mündlichen Verhandlung in Kassel zurückzog. Der kommissarische Leiter der Bundesrechtsabteilung des VdK, Holger Lange, zieht ein gemischtes Fazit. „Positiv zu sehen ist, dass für das VdK-Mitglied mit der Anerkennung einer Berufskrankheit nun der Weg frei geworden ist für die umfassenden Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung. Wir bedauern aber, dass es nicht zu einer höchst-richterlichen Entscheidung des BSG gekommen ist, um Rechtssicherheit für gleichgelagerte Fälle zu schaffen.“