Lange Sperrzeiten bei bewilligtem Arbeitslosengeld derzeit unwirksam
Von der Bundesagentur für Arbeit im Bezug von Arbeitslosengeld verhängte Sperrzeiten sind derzeit immer nur für drei Wochen wirksam. Für Sperrzeiten von sechs oder zwölf Wochen ist die bislang verwendete Rechtsfolgenbelehrung nicht konkret genug. Das hat das Bundessozialgericht entschieden.
Ein wichtiges Urteil für alle, die Arbeitslosengeld beziehen. Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel hat geurteilt, dass die Arbeitsagenturen Sperrzeiten von maximal drei Wochen verhängen dürfen. Bündelungen von drei, sechs und zwölf Wochen wie bislang üblich sind danach nicht mehr gestattet. Betroffene können bei Bescheiden zurück bis Anfang 2015 Geld (Urteil vom 27. Juni 2019, Az.: B 11 AL 14/18 R und B 11 AL 17/18 R).
Im Leitfall hatte ein Arbeitsloser in Sachsen von Mai bis Juli 2013 drei Vermittlungsvorschläge bekommen. Er meldete sich jeweils zeitnah bei seiner Arbeitsagentur und lehnte die Stellen ab, weil es sich nur um eine Teilzeitstelle handelte, die Stelle nicht seinen Fähigkeiten und Interessen entspreche oder weil der Lohn zu gering sei.
Die Arbeitsagentur akzeptierte diese Gründe nicht. Am 12. August 2013 verhängte sie drei Sperrzeiten gleichzeitig: für die erste Ablehnung drei, die zweite sechs und die dritte zwölf Wochen. Der Kläger, der wenig später eine ebenfalls von der Arbeitsagentur vermittelte Stelle angetreten hatte, sollte knapp 1.000 Euro Arbeitslosengeld zurückzahlen.
Lange Sperrzeiten sind unwirksam
Das BSGkurz fürBundessozialgericht gab der Klage des Mannes nun teilweise statt. Danach sind auch die längeren Sperrzeiten höchstens im Umfang von drei Wochen wirksam. Ob die angebotenen Stellen zumutbar waren und die Arbeitsagentur deshalb überhaupt Sperrzeiten verhängen durfte, soll nun das Landessozialgericht Chemnitz klären. Dabei könne hier auch die Annahme eines anderweitigen Stellenangebots eine Rolle spielen.
Das BSGkurz fürBundessozialgericht rügte zur Begründung zunächst die in diesem Punkt bis heute wortgleich verwendete Rechtsfolgenbelehrung der Bundesagentur. Diese sei nicht konkret genug. Arbeitslose könnten nicht erkennen, wann eine Sperrzeit drei, sechs oder zwölf Wochen dauert. Mit den Grundsätzen einer individuellen Vermittlung ist (aber) verbunden, dass hinsichtlich der leistungsrechtlichen Konsequenzen im konkreten Fall belehrt werden muss
, betonten die Kasseler Richter.
Zudem kritisierten sie die bislang übliche Praxis, mehrere Sperrzeiten zu bündeln und dabei deren Dauer schon zu staffeln. Der Gesetzgeber habe versicherungswidriges Verhalten
, wie etwa hier unterlassene Bewerbungen, aber als Abfolge
gesehen. Daher müsse auch die Steigerung der Sanktion von drei auf sechs und dann auf zwölf Wochen in einer Abfolge von Bescheiden erfolgen.